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Milde für Waldheim-Richter

■ Bewährung für Freiheitsberaubung

Leipzig (taz) – Der ehemalige DDR- Richter Otto Jürgens, der morgen seinen 87. Geburtstag begeht, wurde gestern wegen seiner Beteiligung an den sogenannten Waldheimer Prozessen 1950 wegen Rechtsbeugung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Nicht seine politische Gesinnung sei ihm vorzuwerfen, sondern allein die strafbaren Handlungen, sagte Richter Wolfgang Helbig in seiner Urteilsbegründung. In der gerade gegründeten DDR hatte Jürgens als Beisitzender Richter an einigen der 3.324 Urteilen gegen wirkliche, aber auch gegen angebliche Nationalsozialisten mitgewirkt. In der Nacht zum 4. November 1950 wurden in Waldheim 24 Todesurteile vollstreckt. Für Staatsanwalt Dietrich Bauer, der fünf Jahre Haft beantragte, war das, was sich damals in dem kleinen sächsischen Ort Waldheim abspielte, „staatlich sanktionierte Lynchjustiz“. In der Tat haben weder die Verteidigerin – sie plädierte auf Freispruch – noch der Angeklagte selbst bestritten, daß die Verfahren jeglicher Rechtsstaatlichkeit entbehrten und auch dem Strafprozeßrecht der DDR entgegenstanden: keine Verteidigung, keine Zeugen, keine Beweisaufnahme – vor allem aber kein individueller Schuldnachweis. Grundlage für die Urteile war jeweils ein Kurzprotokoll der Sowjets, das bei der Übergabe der Gefangenen an die DDR- Behörden mitgeliefert wurde. ja

Tagesthema Seite 3

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