Begehrtes Objekt: Heißer Stuhl

■ Erste Berufsfindungsmesse in Bremen / Betriebe suchen dringend Auszubildende

„Die jungen Leute wollen immer ein bißchen Action“, weiß Heinz Wätje von der Barmer Ersatzkasse zu berichten. Deshalb läuft in der Ecke des nüchternen Berufsinformationsstandes ein Video über den aktiven Sozialversicherungsfachangestellten. Einige Meter weiter am „heißen Stuhl“ ist der Andrang größer. Die SchülerInnen sitzen heiß, ihnen gegenüber auf der normal temperierten Sitzfläche der fiktive Personalchef. Die Bewerbungssituation wird mit Video gefilmt und anschließend kritisiert. Häufigster Fehler: Jeden Satz mit „Ja, also, ähem“ anzufangen.

Die erste Bremer Berufsfindungsmesse, die in der Eislaufhalle-Bürgerweide noch bis Samstag läuft, ist aus der Not geboren. „Die Betriebe haben Probleme Nachwuchs zu finden“, berichtet Christina Müller, Pressebetreuerin der „Start '93“, offizieller Messe-Name. Oblgleich es eigentlich '94 heißen müßte, findet ein Standbetreuer bei Mercedes. Denn für dieses Jahr seien die Stellen für Auszubildende bereits vergeben. Spätestens Weihnachten müssen sich die SchülerInnen um ihre Bewerbungen kümmern.

Manche der 42 Aussteller versuchen, ihre Berufsfelder direkt am Stand zu illustrieren. Bei den ÜNH darf zum Beispiel gelötet werden. Für Bildungssenator Henning Scherf scheinbar nicht die leichteste Übung, wie einer der Azubis kichernd mitteilte. Dafür bestand Scherf die exklusive Go-kart-Fahrt um die Stände mit Furore.

An vielen Stellen herrscht das übliche Messebild vor: glatte Stände in weiß, Fähnchen, Aufkleber und lauter wohlgestylte Prospekte. Fast überall laufen Info-Filme. Bei der Deutschen Airbus gibt es eine Live-Performance: die Azubis hämmern und klopfen auf Stahlblechen. Geradezu ländlich idyllisch mutet es neben der Gärtnerei an. Hinter Heuballen sitzt der Berufschullehrer für Pferdewirte. Dieser Beruf sei nichts für Leute, die schicke Kleidung bevorziehen würden, erzählt er. Ob der Beruf etwas für sie sei, erfahren die jungen Leute am besten beim Praktikum im Stall oder auf der Rennbahn.

In manchen Berufen liegt der Azubi-Rückgang nicht nur an den Geburtenschwachen Jahrgängen, sondern auch an der schlechten Bezahlung. So suchen die RechtsanwältInnen und NotarInnen händeringend nach Nachwuchs, aber viel Geld verdienen die Azubis nicht. Anders bei den BrauerInnen und MälzerInnen von Beck's. Sie erhalten im ersten Ausbildungsjahr knapp 900 Mark. Die GärterInnen im Landschaftsbau bei der Gewoba mit 1.020 Mark Azubi-Geld stehen sogar noch besser da. Vivianne Agena