Etwas zu lapidar

■ betr.: „Prügel für ein Flugzeug“, taz vom 25.8. 93

Der Ton der Berichterstattung über den Prozeß gegen einen Anwohner des Flughafens Tempelhof, der sich aus Verzweiflung über seine Hilflosigkeit als von Fluglärm und Kerosin Betroffener und nicht Angehörter auf die JU 52 stürzte, erscheint uns (BIFT) angesichts der Unerträglichkeit der Situation, in der wir uns ständig mehr und ständig stärker befinden, etwas zu lapidar.

V. H. (der Anwohner) hat, wie Kohlhaas, zuerst mit rechtsstaatlichen Mitteln seiner Genervtheit Ausdruck zu geben versucht, wie beim Verteilen von Flugblättern, Sammeln von Unterschriften und Diskutieren von Sinn oder Unsinn einer Klage gegen die Flughafengesellschaft.

Wie entmündigend rechtliche und rechtmäßige Schritte sein können, mußte V. H. daran erkennen, daß auf einen Strafantrag einer Anwohnerin gegen den Betreiber der JU 52 wegen ruhestörenden Lärms an einem Sonntagnachmittag zwei Jahre lang nichts erfolgte außer der Mitteilung, daß eine Bearbeitung unter Aktenzeichen XY stattfinde.

Derselbe Richter, der Kindern und Jugendlichen am Wochenende das Fußballspielen auf dem Platz von Blau-Weiß verbot und ab 20 Uhr den Platz schließen läßt wegen unzumutbaren menschlichen Lärmes, wird Vorsitzender beim Prozeß in Sachen Flughafen Tempelhof sein.

Wir sind sehr gespannt darauf, wie hoch die Entschädigungssumme für die Menschen ausfallen wird, die nicht „Tante Ju“ heißen, sondern nur von dieser geschädigt werden.

V. H., der statt Briefe zu schreiben zur Flasche und dann zur Latte griff, hat als Elektriker eine Familie zu ernähren.

Wie soll er das schaffen, wenn er Tausende DM an Strafe und Schadenersatz zu leisten hat? [...] Anne Schmidt, BIFT-Bürgerinitiative, Berlin