Stabilität für den Kiez

■ Der alternative Sanierungsträger Stattbau feiert seinen Zehnten / Heute wird weniger gebaut als vielmehr ausgebildet

Es begann im September 1983 am Kreuzberger Heinrichplatz: Nach monatelangem Tauziehen mit dem Senat wurde Stattbau als erster „alternativer“ Sanierungsträger mit der Erneuerung von 13 zum Großteil besetzten Häusern im sogenannten Block 103 zwischen Oranien- und Skalitzer Straße beauftragt. Das „Modell ökologische Stadterneuerung“, vom Bundesbauministerium 1988 mit der goldenen Medaille für umweltorientiertes Bauen ausgezeichnet, ist mittlerweile abgeschlossen und feiert wie Stattbau seinen zehnjährigen Geburtstag.

Mit dem Ergebnis am Heinrichplatz ist auch Stattbau-Geschäftsführerin Franziska Eichstätt zufrieden: „Wir haben in die Häuser eine soziale Stabilität reingebracht, und viele der vormals drogen- und alkoholabhängigen Besetzer haben inzwischen Arbeit gefunden.“ Weniger rosig sieht es freilich für weitere Sanierungsprojekte aus: Da treuhänderische Sanierungsträger in den Stadterneuerungsgebieten künftig nicht mehr vorgesehen sind, mußte sich auch Stattbau umorientieren. Der neue Schwerpunkt: Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Zur Zeit sind etwa 250 MitarbeiterInnen über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bei den drei Stattbau- Töchtern ComboBau, StattBauHof und KirchBauHof tätig. Erklärtes Ziel: die Beschäftigungsmaßnahmen auf dem zweiten Arbeitsmarkt so zu organisieren, daß die Qualifizierungen auch offiziell anerkannt werden. Als reine Beratungsgesellschaften fungieren dagegen die Stattbaufirmen Perspektive und Zukunft im Zentrum. Während erstere vor allem soziale Träger, darunter die des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, und gemeinnützige Vereine bei der Instandsetzung und Modernisierung ihrer Einrichtungen beraten soll, kümmert sich Zukunft im Zentrum als Treuhänder der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen um die Beratung von Vereinen und Trägern der Innenstadtbezirke zur Einrichtung und Durchführung von ABM-Projekten.

Trotz aller Erfolge, resümierte Franziska Eichstätt gestern, gelte man bei manchen offiziellen Stellen immer noch als „Exot“. Dennoch bemühe man sich, den „Spagat zwischen Staat und Marktwirtschaft“ als „integrierten“ Ansatz, mit dem Stadterneuerung, Ökologie, Bauen und Arbeitsbeschaffung zusammengebracht werden sollen, weiter voranzutreiben. „Angesichts der sozialen Probleme“, meinte Eichstätt, „ist das ein Ansatz, der viel systematischer gebraucht wird, als es bisher der Fall ist.“ Ein Beispiel dafür ist die Einsetzung als treuhänderischer Sanierungsträger in der Altstadt von Nauen. Baumaßnahmen, die, wie am Heinrichplatz vor zehn Jahren, unter eigener Regie durchgeführt werden, lassen sich mittlerweile freilich an einer Hand abzählen: Dazu gehört der Umbau der Heiligkreuzkirche in der Kreuzberger Blücherstraße, das Kinder- und Jugendzentrum „Muchte“ in Marzahn sowie perspektivisch das Pfefferberg-Areal in Prenzlauer Berg. Uwe Rada