Prekäre Trink- und Brauchwassersituation

■ betr.: „Mit dem Amazonas auf du und du“, taz vom 10.8.93, „So funktioniert's nicht“, Leserinnen brief von Ursula Danzer, taz vom 24.8.93

Schade, daß die in Amazonien tätige Entwicklungshelferin so wenig den Kern unseres Projektes „Kampf gegen die Cholera“ begreift und mit ihrem Auto zwar „durch manche Gemeinde durchkommt“, aber offensichtlich nicht die tatsächliche prekäre Trink- und Brauchwassersituation in den Dörfern an sich heranläßt. Sonst müßte sie wissen, daß die Versorgung der Tausende von Gemeinden entlang der unzähligen Flüsse und Nebenflüsse (in einem Bundesstaat viermal so groß wie die BRD) mit den von ihr beschriebenen Wasserentkeimungstropfen „que boa“ eine eilige, begrüßenswerte Notmaßnahme der brasilianischen Bundes- und Landesregierung war, der von Peru sich flußabwärts verbreitenden Cholera zu begegnen und das schlimmste zu verhüten. Jede Famile soll das meist dem Fluß entnommene Wasser selbst entkeimen. Die zuverlässige, andauernde Versorgung der Dörfer und Verteilung der Hyperchlorit-Fläschen gestaltet sich außerordentlich schwierig. Die brasilianischen Kommunalvertreter, Wasserfachleute streben dorfweise Wasserentkeimungs- und Versorgungsanlagen auf der Basis niedriger Kosten und einfacher Technologie an.

Die einfache Technologie ist die der „anodischen Oxidation“ – der Initiierung eines chemischen Prozesses – bei dem das die Anlage durchlaufende Wasser seine Salzbestandteile in Hyperchlorit umwandelt. Wir brauchen dazu zwölf Volt, die, je nach Lage, mit Sonnen- oder Windenergie oder über eine Lichtmaschine eines Motors gewonnen wird. Während die Weltbank pro Nase heute noch 55 US Dollar für Wasserversorgung berechnet, machen es die Brasilianer mit großem Anteil Eigenarbeit für 18 Dollar.

Geld wird nur für den Kauf von Materialien – Rohre, Pumpe, Wasserbehälter – ausgegeben. Für das Wasserprojekt habe ich von Daimler Benz eine Spende von 43.000 DM erhalten. Darüber hinaus 1992 zirka 160.000 DM zusammen mit der „Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Ba-Wü“ in vielen kleinen Beträgen gesammelt und an amazonensische Gemeinden weitergeleitet.

Wenn mir Brasilianer die Frage stellen, worin der qualitative Unterschied einer Spende von Daimler-Benz und dem Geld der Bundesregierung besteht, mit dem die Entwicklungsarbeit von Ursula Danzer in Brasilien finanziert wird, muß ich die Antwort schuldig bleiben. Vielleicht kann Frau Danzer mir da weiterhelfen. Willi Hoss, Stuttgart