■ Die Gatt-Verhandlungen sind blockiert: Nehmt den Bauern die Mistgabeln!
Es ist an der Zeit, daß sich die Völker erheben gegen die Bauern und ihre wohlorganisierten Lobbies in den Hauptstädten der Industrieländer. Gerade in Deutschland könnte sich ein Bündnis zusammenfinden, das vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bis zur Dritte-Welt-Bewegung reicht: für einen erfolgreichen Abschluß der Gatt-Verhandlungen. Immer wieder ist es die kleine Minderheit europäischer, US-amerikanischer und japanischer Bauern, die einen Abschluß der Verhandlungen über neue Spielregeln des Welthandels verhindert – zum Nachteil der Mehrheit der Weltbevölkerung.
Kaum hatten sich EG und USA im Bereich der Agrarsubventionen geeinigt, mobilisierten die Bauern die französische Regierung. Und kaum rückt in Deutschland das Wahljahr näher, wackelt sogar der einst Gatt-freundlichste EG-Regierungschef, Bundeskanzler Helmut Kohl: Er mag offenbar auf jene drei Prozent der Bevölkerung, die im Agrarsektor ihre Brötchen verdienen und fast geschlossen CDU wählen, nicht verzichten. Sollen Industrie und Dienstleistungssektor doch sehen, wie sie fürderhin den Handel treiben, von dessen Ausweitung sie sich neue Absatzchancen und Profite versprechen!
Während Japan, Nordamerika und die EG jedoch auch bei einem Scheitern des Gatt kraft ihrer ökonomischen Stärke eigene Handelsregeln durchsetzen könnten, würden Dritte Welt und Osteuropa zurückgeworfen. Seit die Dritte Welt auf Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF) ihre Volkswirtschaften auf den Export umorientiert hat, ist Handel zur wichtigen Einnahmequelle geworden. Allgemeine Zoll- und Handelsregeln mit möglichst wenigen Zöllen und Einfuhrquoten, wie sie in der Uruguay-Runde festgeschrieben werden sollen, würden gerade die ökonomisch schwächeren Länder schützen. Dann könnte ein Handelsblock wie die EG nicht mehr einfach für jedes Produkt, das in Osteuropa oder Lateinamerika billiger produziert werden kann, neue Importquoten und Zölle festsetzen.
Bei diesen Produkten geht es meist ums Essen. Die sattesten Nationen sperren sich dabei am heftigsten gegen fremde Speisen. Um so schwieriger ist es für Gatt-Generaldirektor Peter Sutherland, bis Weihnachten in allen Knackpunkten Kompromisse zu erzielen. Selbst wenn der Agrarkompromiß zwischen EG und USA doch noch bestehen bleibt (wonach es nicht aussieht), wollen die USA und drei Dutzend anderer Länder bei den Dienstleistungen noch ein paar Vorteile zu Lasten anderer Länder heraushandeln. Und wenn alle Probleme gelöst sind, bleibt immer noch eines: japanischer Reis. Eher noch trinken Franzosen chilenischen Wein, als daß Japaner Reis von US-Feldern auf ihre Insel lassen. Donata Riedel
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