Auf zur Jagd auf Ausländer

■ Arbeitsamt jagt ausländische Billigarbeitskräfte / Polizeiaktionen ersetzen ABM und Weiterbildung / Verschärfte Wirtschaftskrise     Von Florian Marten

„Wir haben eine tolle Truppe. Die gehn ran wie die Bluthunde, zeigen kriminalistischen Spürsinn. Das macht richtig Spaß. Die sind am Ball.“ Hamburgs Arbeitsamtschef Olaf Koglin ist von seiner schnellen Eingreiftruppe im Außendienst hell begeistert. Die 25 FahnderInnen des Arbeitsamtes jagen Ausländer, Asylanten und Arbeitslose, die heimlich dazu verdienen. Mit wachsendem Erfolg, besonders bei den Menschen ohne deutschen Personalausweis: Die Zahl der aufgedeckten Fälle von „illegaler Ausländerbeschäftigung“ verdoppelte sich heuer auf 1.383 Fälle. Knapp 900 „Fälle“ wurden von Polizei und Staatsanwaltschaft „weiter verfolgt“.

Koglin ist denn auch über die „gute Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt“ hochzufrieden. Einziges Problem: Das LKA komme mangels Personal den Fällen garnicht hinterher, „mit denen wir sie zuschütten“. Koglin warnt: „Wir stehen erst am Beginn einer Entwicklung. Beim Lohndumping gibt es Gewinnspannen wie sonst nur in der organisierten Kriminalität.“ An der Spitze des illegalen Lohndumpings stehen Polen und – in wachsender Zahl – Kriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina. Koglin weiß: „Die meisten tun es aus nackter Not. Die Zuwanderer aus Bosnien sind derzeit, so zynisch es klingt, besonders billig.“

Das hindert das Arbeitsamt nicht daran, hier eine neue und wichtige Zukunftsaufgabe zu sehen. „Eine neue Ordnungsmacht ist erforderlich. Sonst werden unsere Systeme der sozialen Sicherung auf Dauer untergraben.“ Noch sind die Jungs vom Arbeitsamt vergleichsweise zivil: „Wenn einer wegläuft, rennen wir nicht hinterher. Wir arbeiten ohne quietschende Reifen.“ „Verdeckte Ermittlung“ kann sich Koglin in Zukunft schon vorstellen: „Illegale Arbeit entdecken Sie nicht durch Observation von außen.“

Wichtig sei vor allem die Kooperation und Koordination aller beteiligten Behörden und Institutionen. Kritik haben die Arbeitsfahnder vor allem an den Krankenkassen, die sich beim Datentransfer ab und an noch sperren. Nicht zuletzt deshalb „bittet das Hamburger Arbeitsamt alle Hamburgerinnen und Hamburger, verdächtige Beobachtungen, nicht nur über Arbeitnehmer sondern auch über Betriebe, unter der Telefon-Nummer .... (taz-Zensur: solche Aufrufe veröffentlichen wir nicht – d.Red.) zu melden.“ Das sei nicht als „Aufruf zur Denunziation zu verstehen“. Aber: „Wir tragen die Informationen weiter und sorgen, daß sie nicht verschütt gehen.“

Ungeachtet dieser arbeitsmarktpolitischen Offensive hat die deutsche Rezession mit vielmonatiger Verspätung nun auch Hamburg voll erwischt. Besonders betroffen ist der Arbeitsmarkt: Seit der letzten Bürgerschaftswahl wurden in Hamburg 13.000 Arbeitsplätze geschaffen und gleich wieder verloren. Seit Januar 1993 steigt die Arbeitslosigkeit nach jahrelangem Rückgang kräftig an. 8000 Arbeitslose mehr als im August 1993 melden die Statistiker. Das gewohnte Herbsthoch wird diesmal ausbleiben. Schon für November erwartet Arbeitsamtschef Koglin „70.000 Arbeitslose und mehr“. Im August waren es schon 64.200, nur 600 weniger als im Juli. Am Anstieg der Arbeitslosigkeit beteiligt sich auch der Abbau von ABM- und Weiterbildungsplätzen: 4000 Plätze verschwanden allein im letzten Jahr, von einst 17.000 (12.000 Weiterbildung, 5000 ABM), sind heute gerade noch 10.000 Plätze übrig (2000 ABM, 8500 Weiterbildung).

Nach einer Analyse der Hamburger Landesbank sind Industrie, Handel und Verkehr besonders betrroffen.“