Stadtwerke-Verkauf verschoben

■ Krach mit Kröning wegen Preag-Verhandlungen / Mitinteressenten stehen vor der Rathaustür

Der Verkauf der Bremer Stadtwerke findet erst im kommenden Jahr statt. Darauf einigten sich am Donnerstag nach stundenlangen Verhandlungen die Mitglieder des sogenannten Wirtschaftskabinetts des Senats. Dabei hatte sich Finanzsenator Volker Kröning nicht mit seiner Absicht durchsetzen können, größere Teile des Bremer Energieversorgers so schnell wie möglich an die Preußenelektra loszuschlagen. Stattdessen soll der Anteil so lange bei Banken geparkt werden, bis andere Interessenten gefunden sind, die auch das Kriterium eines regionalen Energiekonzeptes erfüllen sollen.

Dieses ökologische Kriterium hatte vor allem den Grünen bei der Preag gefehlt, nun aber auch Bürgermeister Klaus Wedemeier und Wirtschaftssenator Claus Jäger. Bremer Landesbank und Sparkasse haben schon signalisiert, als Parkplatz für die Anteile zur Verfügung zu stehen. Die Kaufinteressenten geben sich die Klinke in die Hand. Klaus Wedemeier hatte bereits ein Sondierungsgespräch mit Vertretern der Hamburgischen Elektrizitätswerke (HEW), zwei weitere Energieversorger haben sich angemeldet.

Daß der Bürgermeister selbst die Verhandlungen führt — und nicht wie bisher der Finanzsenator — hat Gründe. Über Monate hatte Volker Kröning verhandelt, und zwar ausschließlich mit der Preag. Politischen Ärger gab es nun zum einen wegen dieser Monotaktik, vor allem aber wegen der Frage, welchen Wert die Stadtwerke besitzen. Ein von Kröning in Auftrag gegebenes Gutachten des Wibera-Instituts kam auf einen Wert von 1,448 Milliarden Mark. Merkwürdigerweise erschien das aber dem Finanzsenator zu hoch, und er ließ ein neues Gutachten in Auftrag geben — gemeinsam mit der Preag. Pikant: Der Finanzsenator, der an einem möglichst hohen Erlös interessiert sein muß, negiert den hohen Wert und läßt gemeinsam mit dem möglichen Käufer ganz in dessen Interesse einen niedrigeren Wert schätzen.

Neben Kröning hatten auch die Stadtwerke selbst voll auf die Option Preag gesetzt. Ein wesentliches Argument dabei war das Klöckner-Risiko: Sollte Klöckner stillgelegt werden, so die Argumentation für den schnellen Verkauf, verlieren die Stadtwerke ihren besten Kunden und damit erheblich an Wert. Aber auch dieses Argument ist inzwischen löchrig geworden. Neue Berechnungen kommen zu dem Schluß, daß Klöckner für die Stadtwerke fast zu einem Zuschußgeschäft geworden ist. Die Hütte bezahlt einen Energiepreis, der für den Energieversorger noch nicht einmal kostendeckend ist.

Daß ein größerer Teil der Stadtwerke verkauft werden soll, ist in der Ampel mittlerweile unstrittig. Bremen ist in erheblichen finanziellen Nöten: Zum einen hat es eine Landesbürgschaft zur Absicherung des Verkaufs von Krupp-Atlas- Elektronik an den Vulkan gegeben. Die 190 Millionen Mark würden im kommenden Frühjahr fällig. Auch wenn die Verhandlungen gelingen, diesen Termin für den Löwenanteil des Geldes hinauszuschieben, die Zinsen von 70 bis 90 Millionen werden auf jeden Fall fällig. Zum zweiten ist nach wie vor unklar, was am Ende mit Klöckner wird. Und zum Dritten hat der Finanzsenator noch Schulden bei den Stadtwerken selbst. Die hatten 100 Millionen Mark zur Sanierung der Straßenbahn AG zugeschossen. Gegen den Stadtwerke-Verkauf gibt es keine prinzipiellen Einwände mehr, seitdem Umweltsenator Ralf Fücks die Grünen bei der Verkaufsoption hinter sich weiß. Die hatten einen einfachen Beschluß gefaßt: Verkauf ja, aber nicht an die Preag.

Einen Nebeneffekt hat das Parkgeschäft außerdem: Im kommenden Frühjahr geht Stadtwerkechef Günther Czichon in Pension. Würden die Anteile der Stadtwerke jetzt verkauft, wäre es klar, daß der Käufer den Posten mitbesetzen dürfte. Daraus wird nun nichts, und alles wird so laufen, wie der Personalausschuß des Aufsichtsrates bei seiner letzten Sitzung festgelegt hat: Eine Unternehmensberatungsfirma soll mit der Organisation der Ausschreibung betraut werden. Jochen Grabler