■ Töpfer läßt Greenpeace-Blockade in Morsleben abräumen
: Gewalt als letztes Mittel der Politik

Wenn Politiker nicht mehr weiter wissen, greifen sie zur Gewalt, zur Staatsgewalt nämlich. Bundesumweltminister Klaus Töpfer weiß bei der Entsorgung des bundesdeutschen Atommülls schon seit längerem nicht mehr weiter. Vor dem Atomklo Morsleben mußten deshalb jetzt 200 Polizisten mit Hunden anrücken und Greenpeace-Aktivisten abräumen. Die halten Morsleben für unsicher und wollten die sofortige Einlagerung von Atommüll dort verhindern.

Das Pochen auf die Staatsgewalt hat Tradition in Morsleben, nicht erst, aber besonders seit der deutschen Vereinigung. Hintergrund: Das Atomklo Morsleben ist das einzige, formal genehmigte Atommülllager, und deshalb will die Atomindustrie den Schacht in Sachsen-Anhalt um jeden Preis erhalten: Einlagerung sofort. Sicherheit spielt keine Rolle. Für Minister Töpfer ist von der DDR genehmigt auch genehmigt, es gilt nur mehr die Verwaltungslogik. Basta.

Solche Verwaltungslogik mag bei Baugenehmigungen für Garagen erträglich sein. Doch ein Atommüll-Endlager ist eben etwas anderes. Der Atommüll von Morsleben, das strahlende Erbe der bundesdeutschen Atomindustrie, bleibt für Zigtausende Jahre gefährlich. Töpfers Erlaubnis für die sofortige Atommüllendlagerung wird so zum politischen Desaster für den Minister. Catch 22: Was auch immer er den Bürgern noch sagt, um die Einlagerung zu rechtfertigen, es zeigt ihn als Büttel der Atomindustrie.

Erste Alternative: Er beruft sich für das schnelle Abkippen des Atommülls weiterhin nur auf die DDR-Genehmigung. Besorgte Bürger antworten: Der Minister kann für ein Endlager, das 10.000 Jahre sicher sein soll, doch nicht auf eine Genehmigung verweisen, die gerade noch bis ins Jahr 2000 gilt.

Zweite Alternative: Der Minister beantragt ein Planfeststellungsverfahren mit dem Ziel, das Atomklo Morsleben auch nach dem Jahr 2000 weiterzubetreiben. Er versucht damit politisch sein Vertrauen in die langfristige Sicherheit des Endlagers zu dokumentieren. Denn für eine solche Planfeststellung sind neue gründliche Sicherheitstests notwendig, neue Messungen und eine öffentliche Anhörung. Doch die besorgten Bürger kontern wieder: Wenn der Minister die Mühsal dieses Verfahrens auf sich nimmt, ist es nicht einzusehen, warum Atommüll vor Abschluß dieses Verfahrens dort abgekippt werden soll.

Wie auch immer der Minister sich dreht und wendet: Eine sofortige Einlagerung von Atommüll in Morsleben zeigt, daß es ihm nicht um die Sicherheit der kommenden Generation geht, es geht ihm nur um die Interessen der Atomindustrie. Hermann-Josef Tenhagen