Palast aus Fleiß und Spielen

■ Schauspielhaus-Intendant Frank Baumbauer präsentierte einige Neuerungen und die grafische Gestaltung von Neville Brody

Der Elan, der sich schon mit den ersten beiden Vorstellungen des neuen Teams im Schauspielhaus gezeigt hatte, hält an. Bewundernd berichtet einer der alten Mitarbeiter des Hauses über die neue Crew von Frank Baumbauer: „Soviel, wie die hier arbeiten, das gab es noch nie. Die haben nicht mal ihre Umzugskisten ausgepackt, sondern sich sofort an die Arbeit gesetzt.“ Auch alles andere soll von Grund auf ein neues Wesen bekommen.

Etwa die Außendarstellung: Nach langer und intensiver Suche nach einem Gestalter, der in seinem Metier das experimentelle Verständis habe, daß man selber auf der Bühne transportieren wolle, sei man beinahe zwangsläufig auf die britische Magazin-Gestalter-Legende Neville Brody gestoßen, berichtete Chefdramaturg Wilfried Schulz bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der neue Corporate Identity.

Präsentiert wurde hier ein Konzept, daß nicht auf einem bestimmten Logo, sondern auf einem künstlerischen Gesamtstil basiert. Alle kommunikativen Elemente vom Faxpapier über die neue Theater-card mit der man 50 Prozent Ermäßigung auf alle Eintritte erhält (Preis 100 Mark) bis zu der neuen „Magazin“ genannten Hauspostille werden zukünftig die Handschrift Brodys tragen. Zur Ansicht gab es das neue monatliche Liporello und die erste Ausgabe des vierteljährlich erscheinenden Magazins. Typisch Brody sind die Publikationen sehr auf die außergewöhnliche Gestaltung der Schrifttypen fixiert und erinnern ein wenig an die kühlen Grafikexperimente der Achtziger Jahre.

Gleichzeitig wurden die Termine der ersten Premieren vorgestellt. Am 22. Oktober eröffnet das neue Schauspielhaus mit Rainald Goetz' Kritik in Festung (Regie: Anselm Weber), ein Tag später wird Elfriede Jelineks Wolken. Heim (Regie: Jossi Wieler) im Malersaal Premiere haben und wieder ein Tag drauf folgt Leander Haussmanns Inszenierung von Troilus und Cressida. Weitere vier Premieren in zwölf Tagen folgen (u.a. Christoph Marthalers Adaption von Faust 1 und 2 und Patrick Barlows Der Messias in der Regie von Nikola Weisse).

Ebenfalls aus der Taufe gehoben wird eine neuer Spielort, die Kantine, im neu gestalteten Theaterkeller, wo Mitglieder des Ensembles kleinere Produktionen präsentieren werden. Eröffnet wird hier mit einem musikalischen Abend des Ensemble-Musikers Franz Wittenbrink Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich aus (8. November). An einem Videotag jeden Donnerstag werden Kunstvideos und Dokumentarfilme gezeigt, die im Fernsehen keinen Platz finden.

Till Briegleb