Mordauftrag aus Ankara?

■ Schwere Vorwürfe nach den tödlichen Schüssen auf Parlamentarier in Batman

Istanbul / Berlin (IPS/taz) Kurdische Politiker haben der türkischen Regierung eine direkte Beteiligung an dem Mord an Mehmet Sincar vorgeworfen. Der Parlamentarier der pro-kurdischen „Demokratie-Partei“ (DEP) war am Samstag auf offener Straße in Batman erschossen worden. Ein kurdischer Lokalpolitiker (Metin Ozdemir) kam ebenfalls ums Leben, ein weiterer Parlamentarier (Nizamettin Toguc) wurde schwer verletzt. „Die staatliche Anti-Guerilla-Einheit hat den Mordanschlag gesteuert“, sagte gestern die DEP-Abgeordnete Leyla Zana.

Die Anschlagsopfer hielten sich in der Kleinstadt in Türkisch-Kurdistan auf, um den Mord an dem dortigen DEP-Vorsitzenden, Habib Kiliç, zu untersuchen, der erst wenige Tage zuvor, am 2. September, geschehen war. Die tödlichen Schüsse auf die Delegation kamen von drei Unbekannten. Nach Augenzeugenberichten ließen sie sie dabei islamische Hymnen von Band laufen.

Ein anonymer Anrufer übernahm wenig später im Namen der „Türkischen Vergeltungsbrigaden“ (TIT) die Verantwortung für den Anschlag. Die TIT ist eine regierungsnahe Terrororganisation, die schon in den siebziger Jahren zahlreiche Linkspolitiker und Gewerkschaftler ermordet hat.

Die DEP-Abgeordnete Zana vermutet eine direkte Verbindung zwischen dem Attentat und verdeckten Regierungsoperationen gegen die „Kurdische Arbeiterpartei“ (PKK) im Südosten der Türkei. Dabei benütze Ankara die Namen fundamentalistisch-islamischer Gruppen und der libanesischen Hisbollah als Deckmantel für politische Morde.

„Am Tag des Anschlages verschwanden seltsamerweise sämtliche Polizisten, die die Parlamentarier seit ihrer Ankunft in Batman scharf überwacht hatten“, berichtete Zana. „Drei Minuten nach dem Attentat hatten die Sicherheitskräfte jedoch bereits die gesamte Stadt abgeriegelt.“

Was folgte, war hektische Betriebsamkeit. Über die Stadt wurde eine Ausgangssperre verhängt. Die Regierung beschuldigte nacheinander die PKK, armenische Kreise und die Hisbollah der Urheberschaft. Staatspräsident Süleyman Demirel versprach, der Fall werde „in ein paar Tagen“ aufgeklärt sein. dora