Ist Schalck-Golodkowski inzwischen US-Bürger?

■ SPD fragt Bundesregierung nach angeblichem Paß des Ex-DDR-Devisenbeschaffers

Berlin (taz) – Ist der ehemalige DDR-Chefdevisenagent und Stasi-Oberst Alexander Schalck- Golodkowski mittlerweile Staatsbürger der USA? Dies will der SPD-Abgeordnete Andreas von Bülow, Obmann seiner Fraktion im bundestäglichen Schalck-Untersuchungsausschuß, per schriftlicher Anfrage von der Bundesregierung wissen. Letzte Woche hatte die Münchner Abendzeitung berichtet, der US-Geheimdienst CIA habe Schalck einen US-Paß vermacht. Bayerns Innenminister Günther Beckstein wollte laut AZ die Paß-Geschichte weder bestätigen noch dementieren, wurde aber von dem Blatt mit den Worten zitiert: „Ich bin sicher, daß die Amerikaner keinen hängenlassen, der ihnen sehr geholfen hat.“

Bliebe die Frage, wie und wann der Stasi-Offizier Schalck dem US- Geheimdienst zu Diensten gewesen sein könnte. Gerüchte, wonach Schalck nach seiner Flucht in den Westen im Dezember 1989, womöglich sogar schon früher, einen Draht zur CIA gepflegt habe, kursierten bereits wiederholt. Doch Beweise gab es nie.

Schalcks Paß sorgte schon mal für Turbulenzen: Ende 1991 mußte der Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, Lutz Stavenhagen, seinen Sessel räumen, weil er dem SPD-Abgeordneten Peter Conradi mitgeteilt hatte, der DDR-Flüchtling Schalck habe nie falsche Pässe, sogenannte „Tarnpapiere“, vom Bundesnachrichtendienst bekommen. Das Gegenteil aber war der Fall gewesen.

Die Berliner Justiz führt gegen den Leiter des einstigen DDR-Firmennetzwerkes „Kommerzielle Koordinierung“ mehrere Ermittlungsverfahren, u.a. wegen Steuerhinterziehung im innerdeutschen Handel in Höhe von 50 Millionen Mark. Schalck blieb auf freiem Fuß, weil die Staatsanwälte keine Fluchtgefahr sehen. Diese Einschätzung könnte sich ändern, wäre Schalck Inhaber eines ausländischen Passes. Der Leiter der Arbeitsgruppe Regierungskriminalität beim Berliner Kammergericht, Oberstaatsanwalt Christoph Schaefgen, mußte gestern allerdings gegenüber der taz in der Paß- Frage passen: „Ich bin im Moment ahnungslos.“ thosch