Mit Schrotflinte und Lippenstift

■ „Mordsweiber“: Seminar und Filmreihe über Mörderinnen auf Zelluloid, ab heute im Kino 46

Jetzt schießen, stechen, sprengen sie zurück. Im Männerkino waren Frauen fast immer nur schöne Opfer, und wenn wirklich mal eine Bonnie zur Kanone griff, dann im Grunde doch nur um ihrem Clyde zu gefallen. Im Kunstkino und experimentellen Filmen sah es schon früher etwas anders aus, aber in den populären Genres blieben die Waffen brav in männlichen Händen. Doch auch diese Nische des patriarchalischen Wunschdenkens wird gerade gründlich ausgemistet. Filme wie „Thelma und Louise“, „Blue Steel“ oder „Nikita“ brechen die Konventionen des Genrekinos mit Hilfe von starken, ja: mörderischen Frauen auf.

Das Thema hat also gerade Konjunktur: Nach ähnlichen Festivals in Wien und Hamburg beginnt heute abend in Bremen die Veranstaltungsreihe „Mordsweiber — Mörderinnen im Film“. Aber: Fassbinders Fernsehspiel über Bremens berühmteste Mörderin Geesche Gottfried fehlt leider und auch von Russ Meyers allzu sexistischen „Faster, Pussycat! Kill! Kill!“ haben die VeranstalterInnen vom Kommunalkino, der FVilmwerkstatt (sic!) und dem Frauenkulturhaus Thealit lieber die Finger gelassen. Aber mit einer Premiere, einem Seminar und einem Vortrag sowie sieben Filmbeispielen ist das Programm ansonsten gut bestückt.

Im Vortrag heute abend um 20 Uhr im Frauenkulturhaus Thealit , Titel: „...Von einer Frau getötet“, konzentriert sich Birgit Kiupel zunächst auf „Mörderinnen auf der Opernbühne“ (nur für Frauen zugänglich). An dem Seminar von Elke Schüttelkopf (ab Freitag) dürfen dagegen auch Männer teilnehmen.

Für den mit der Bremer Filmförderung finanzierten „Mit brennender Vernunft“ von Beatrix Schwehm ist die Premiere im Rahmen dieser Filmreihe (So. 12 Uhr) natürlich ideal. Über diesen assoziativ-dokumentarischen Kurzfilm über eine Schauspielerin, die an einer Mordszene scheitert, wird die taz noch berichten.

Ein weiterer Höhepunkt des Programm ist die Vorführung von Asta Nielsens Debütfilm „Abgrund“ von 1910 (Sa. 21 Uhr) Das stumme Meldram über eine junge Klavierlehrerin, die Mann und Kind für einen Kunstreiter verläßt und „am Ende eines langen Abstiegs ihren Geliebten in Notwehr ersticht“ wird von der renommierten Domorganistin Käte van Tricht auf dem Piano begleitet.

„Panische Angst angesichts junger Mädchen“ verbreitete 1969 nach Ansicht der Filmkritikerin Frida Grafe „Rote Sonne“ von Rudolf Thome (Do. 20.30 Uhr, Fr. u. Sa. 22.30 Uhr) in dem Uschi Obermeier mit drei anderen jungen Frauen in einer Münchener WG ihre Liebhaber gleich reihenweise umbringen. „Zwischen Horrorfilm und Comicstrip, Trashmovie und Undergroundfilm, Lesbenporno und Phantastischem Film“ sieht Elke Schüttelkopf den östereischischen Spielfilm „Rote Ohren fetzten durch Asche“ (Fr. 20.30, Sa. 18.30 Uhr) während „Die Stille um Christine M. (Do., Fr. 18.30 Uhr) von der holländischen Regisseurin Marleen Gorris in der Zeitschrift Courage gelobt wurde: „Die Aufregung im Kino war heftig. Also das ist der Traum aller Feministinnen“.

„Das Mädchen aus der Steichholzfabrik“ (So., Mo., Di. 18.30 Uhr) verlangt nach einer Filmstunde voller Monotonie, Kälte und Enttäuschung mit Aki Kaurismäkis böser Lakonie in einer Apotheke: „Rattengift bitte.“ In dem australischen Spielfilm „Celia“ (So., Mo., Di., 20.30 Uhr) wehrt sich ein neunjähriges Mädchen mit Lippenstift und Gewehr gegen ihre bornierten und kleinkarierten Eltern. Und in Andy Warhols „Bad“ (Fr., Sa. 22.30 Uhr) entpuppt sich schließlich eine adrette Kosmetikerin als Mörderin auf Bestellung. Die deutschen Filmkritiker rieten 1976 so vehement von diesem Film ab („zynisch bis zur Menschenverachtung“, „unappetitliches Produkt“, „sadistische Grundstimmung“), daß man/ frau sich Hoffnung auf einen wirklichen Stinker machen darf. Wilfried Hippen

Alle Filme im Waller Kino 46