Wedemeier in Brüssel

■ Hektische Reisen vor dem Klöckner-Stadtwerke-Doppelbeschluß am Freitag

Am Freitag wird der Bremer Senat auf einer Sondersitzung wirtschaftspolitische Weichenstellungen treffen. Denn am 13. September wollen die EG- Kommissare von den deutschen Stahl-Konzernen wissen, wie die geforderten Kapazitäts-Stillegungen zustande kommen. Wenn dann die Bremer „Interessentenlösung“ für die Klöckner-Hütte nicht wenigstens vom Prinzip her „steht“, könnte der Klöckner-Konzern-Chef von Rohr die Thyssen-oder Hoogovens-Lösung ins Gespräch bringen.

Daß der Klöckner-Konzern die Bremer Hütte „loswerden“ will, ist seit Monaten bekannt, eine Lösung wurde aber nicht gefunden und so ist hektische Aktivität ausgebrochen. Gestern versäumte der Bürgermeister sogar die Senatssitzung, um in Brüssel mit den EG-Kommissaren Bangemann und van Mient zu reden. Heute wird Wirtschaftssenator Jäger in Bonn beim dem Bundeswirtschaftsminister Rexrodt um Verständnis für die „Bremer“ Lösung werben. Wedemeier wiederum soll Parteifreund Rau beruhigen, daß nicht mit Sanierungs-Millionen aus NRW indirekt die Bremer Stahl-Konkurrenz gegen Thyssen gestärkt wird.

Klar ist zumindest für den Finanz- und den Wirtschaftssenator, daß Bremen nicht (indirekt) 51 Prozent der Hütte übernehmen darf — das würde bis zum Brüsseler Himmel nach der Krankheit Subventionitis stinken. Die entscheidende Frage aber, welcher an Rendite interessierte Investor Anteile von Klöckner kaufen würde, ist bis heute völlig offen.

Bremen will mit dem Stadtwerke-Geld einsteigen. Völlig offen ist, wer Stadtwerke-Anteile für welches Geld kaufen würde. Das Gutachten, das der Stadtwerke-Vorstand selbst ohne Wissen des Anteileigners und ohne Wissen des Aufsichtsrates in Auftrag gegeben hat, kann keine Grundlage für seriöse Verhandlungen sein. Erstaunlicherweise bewertet das Wibera-Gutachten das Klöckner-Risiko für den Stromlieferanten Stadtwerke als gering. Auch läßt der hohe Stadtwerke-Wert (1,4 Milliarden), den das Wibera-Gutachten auf Grundlage von Stadtwerke- Auskünften feststellt, sie nahezu unverkäuflich erscheinen. Das „Wirtschaftskabinett“ hat jetzt mit dem Verkaufsbeschluß ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben.

Am Freitag soll der Senat den Grundsatzbeschluß zum Verkauf der Stadtwerke fassen. Während Banken das für Klöckner erforderliche Geld vorschießen, soll dann auf Grundlage des neuen Gutachtens verhandelt werden, an wen. Während die Grünen dabei möglichst viel von den energiepolitischen Zielsetzungen retten wollen, die SPD zusätzlich den Erhalt der Arbeitsplätze bei den Stadtwerken auf ihre Fahnen geschrieben hat, will die FDP den „höchstmöglichen Verkaufserlös“ für Bremen erzielen. K.W.