: Die Tatkräftige
■ Die taz-Serie zur Wahl / Heute Folge 13: Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit
Hoppla, wer ist das? Als Lore Maria Peschel-Gutzeit vor zwei Jahren zur Justizsenatorin gekürt wurde, konnte kaum jemand einschätzen, was auf das Ressort zukommen würde. Im stadtpolitischen SPD-Filz war sie bis dato ebensowenig präsent gewesen wie in der Hamburger Politik. 30 Jahre Richterinnentätigkeit und der Vorsitz in zahlreichen sozialdemokratischen Rechts- und Frauen-Kommissionen hatten sie aber offenbar in den Augen der hanseatischen Platzhirsche zu einem Regierungsamt befähigt.
Schon früh drängte sich der Eindruck auf, daß man(n) ihr wohlwissend das Frauensenatsamt vorenthalten hatte, vermutlich hätte sie mit ihrem Engagement in diesem Politikfeld unangenehm viel Schlagkraft entwickelt. Statt dessen wurden ihr Hamburgs Knäste als Bremsklotz ans Bein gehängt.
So lagen denn der Justizsenatorin Stärken kaum überraschend weniger im Bereich des Strafvollzugs als in der Säuberung des deutschen Rechtswesens. Vor allem bei Bundesratsinitiativen im Sexualstrafrecht (Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe, Änderung bei der Strafbarkeit homosexueller Handlungen und der Verführung von Mädchen unter 16 Jahren, Strafbarkeit des sexuellen Mißbrauchs in der Therapie) überzeugte sie, wenn diese auch wenig zu ihrer lokalpolitischen Couleur beitragen konnten.
Beim UKE-Strahlenskandal machte sie Kollegen Hajen vor, was Tatkraft bedeutet – sie stampfte von einem Tag auf den anderen ein neues Staatsanwaltsdezernat für Medizinschadensfälle aus dem Boden.
Mit den Knästen tat sie sich da eher schwer. Zwar setzte sie erstmals eine Frau an die Spitze des Strafvollzugsamts, doch damit waren die durchgreifenden Änderungen auch schon weitgehend erschöpft. Zwar arbeitete ihre Behörde an den Gesetzesinitiativen zur Liberalisierung der Drogenpolitik mit, in den Hamburger Gefängnissen profitieren die Insassen aber kaum davon (immer noch keine sterilen Spritzbestecke, kaum Methadonausgabe). Und vom zügigen Neubau des Knastes in Billwerder (Ersatz für Neuengamme) wurde bislang nur der Architektenwettbewerb realisiert.
Das Testergebnis im Überblick: Filz: mehr lila Plüsch denn roter Filz Emissionswerte: in Hamburg gering, im Bundesrat vorbildlich Leistung: zeigt mehr Sachverstand als machtpolitische Eitelkeit
Sannah Koch
Morgen letzte Folge: Bürgermeister Henning Voscherau
Lesen sie heute schon das Voscherau-Porträt auf Seite 5.
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