Alle Opfer leiden

■ „Bremer Hilfe“ bangt um Zeugenberatung

Nicht nur die Opfer schwerer Gewaltverbrechen, auch die Opfer von Einbrüchen und Bedrohungen leiden. Auch sie erleben sich oft vehement als Opfer, werden in ihrem Sicherheitsempfinden, oft auch in ihrem Vertrauen in den Rechtsstaat schwer erschüttert. Ohne Hilfe verharren sie häufig in ihrer Rolle, manche werden sogar krank, rennen mit Migräneanfällen und anderen psychosomatischen Krankheiten zum Arzt, der die Ursache ihres Leidens gar nicht erkennt — weil die Opferforschung gerade in Deutschland noch in ihren Anfängen steckt. Beim Gerichtsverfahren erleben die Opfer die Straftat erneut.

Dies sind nur einige Aspekte des Szenarios, das die MitarbeiterInnen der „Bremer Hilfe“ tagtäglich im Gericht erleben. Die „Bremer Hilfe“ ist, neben dem Täter-Opfer-Ausgleich in Bremen-Nord, die einzige Institution, die sich in Bremen um die Betreuung und Beratung von Opfern kümmert. Was in anderen Bundesländern staatliche Stellen leisten, ist in Bremen privaten Trägern übertragen. Als einzige — auch bundesweit — betreut die „Bremer Hilfe“ die als Zeugen vor Gericht zitierten Opfer in Einzelberatung. Jeder Zeugenladung wird automatisch ein Infoblatt über dieses Angebot beigelegt.

Ihr Dilemma: Die vier hauptamtlichen MitarbeiterInnen (zur Zeit über AFG, Stammkräfte und Sonderprogramm Bremerhaven finanziert) sind nicht über Haushaltstitel abgesichert, obwohl dies erstmals im kommenden Jahr geschehen sollte. Der Justizsenator will drei der MitarbeiterInnen über das Sonderprogramm sichern, ob dies gelingt, scheint der „Bremer Hilfe“ angesichts vieler Haushaltsrisiken fraglich. Sie fürchtet, daß ihre Arbeit und besonders der Täter-Opfer-Ausgleich, mit Auslaufen der Stellen enden könnte.

Rund 1.000 Menschen hat die „Bremer Hilfe“ seit 1986 beraten. Einige Arbeits- und Selbsthilfegruppen initiiert. So vor allem eine Gruppe von Frauen in Bremerhaven, die in ihren Beziehungen Gewalt erlebt haben. Auch für Homosexuelle bietet die „Bremer Hilfe“, zusammen mit dem Rat&Tat-Zentrum, eine spezielle Rechts- und Entschädigungsberatung an.

Aus ihrem speziellen Entschädigungsfond gibt die „Bremer Hilfe“ den Tätern zinslose Darlehen, damit diese die Ansprüche der Opfer möglichst schnell abgelten können. „Bisher haben alle brav zurückgezahlt“, berichtet Danielle Hermans — in Raten von 30 bis 100 Mark. Dieser Fond ist gerade durch eine Spende der taz-Initiative „Druck gegen rechts“ um 15.000 Mark aufgestockt worden. ra