Häuser in der Woll-Strickjacke

■ Alternativen zu krebserregenden Mineralfasern sind zu haben

Berlin (taz) – Der größte Einzelposten im bundesdeutschen Energieverbrauch ist das Heizen. Rund ein Drittel der Energie wird für eine wohlige Raumtemperatur verbraucht. Weniger Energieverbrauch durch bessere Wärmedämmung bedeutet weniger Umweltbelastung. Doch manche Dämmstoffe werden selbst zur Gesundheitsgefahr. Die neuesten Erkenntnisse über Krebsgefahren, die von den gebräuchlichen Dämmstoffen aus Glas- und Steinwolle ausgehen, lassen viele nach alternativen Isoliermaterialien Ausschau halten.

Styropor oder Hartschaumplatten aus Polyurethan sind zwar billig, aber ökologisch nicht ganz unbedenklich. Bei der Herstellung von Hartschaumplatten wird zum Teil noch der Ozonkiller FCKW eingesetzt, vor allem im Brandfall können erhebliche Schadstoffmengen freigesetzt werden, und die Entsorgung ist ebenfalls problematisch.

Gute Erfahrungen bestehen dagegen mit Zelluloseflocken aus Altpapier. Diese werden zwischen zwei Wände oder zwischen Wand und Verschalung eingespritzt. Das ist bei Neubauten relativ einfach; nachträglich ist dieses Verfahren ziemlich aufwendig. Beliebt sind auch reine Naturstoffe wie Kork, Kokos- oder Holzfasern. Kork ist jedoch nicht in unbegrenzten Mengen vorhanden, Matten aus Kokosfasern sind schwer zu schneiden. Beide haben weite Transportwege hinter sich und sind recht teuer, der Materialpreis liegt etwa doppelt bis dreimal so hoch wie der von Glas- oder Steinwolle. Holzwolleplatten sind teilweise mit Bitumen verklebt, das als krebsverdächtig gilt. Sie dämmen nicht ganz so gut wie andere Materialien, so daß dickere Schichten davon nötig sind.

Seit kurzem gibt es ein anderes Isoliermaterial auf dem Markt, das leicht zu verarbeiten, garantiert schadstoffrei, schwer brennbar und leicht entsorgbar ist: Schafwolle. Wolle dämmt zwar ein bißchen weniger gut als Mineralfasern. Ihr Vorteil liegt aber darin, ein exzellentes Raumklima zu schaffen. Denn konventionelle Dämmstoffe erlauben oft kaum Luftausstausch – mit der Folge, daß die Schadstoffbelastung in Innenräumen, etwa aus PVC-Bodenbelägen oder aus lösemittelhaltigen Farben, ansteigt. Gerade bei Mineralfasern, die wegen der Krebsgefahr gegen Innenräume vollständig abgedichtet sein müssen, besteht diese Gefahr.

Doch was ist mit den Kosten? Es zeigt sich, daß der Kostenvergleich außerordentlich schwierig ist. Der Schafwoll-Dämmstoff Isowoll ist nach Angaben der Hersteller bei der Anschaffung etwa doppelt so teuer wie Mineralwolle. Aber die Gesamtkosten sind wesentlich niedriger, da Sicherheitsmaßnahmen beim Einbau nicht nötig sind und das Material sehr leicht zu verarbeiten ist. Was die Isolierung mit Altpapierflocken betrifft, schätzt die Ökoarchitektin Marianne Dedekind vom Verein Ökologisches Bauen und Wohnen, daß die Kosten hierfür, inklusive der Kosten für die dafür nötige Baukonstruktion, etwa um ein Drittel höher liegen als bei konventionellen Dämmstoffen. Das Ökoinstitut weist darauf hin, daß die Kosten für umweltfreundliche Wärmedämmung nicht unbedingt höher sein müssen, wenn beim Bau richtig geplant wird. So könnten beim Einbau starker Dämmschichten die Wände dünner gebaut werden, wodurch Geld gespart wird. Alte Dämmplatten aus Mineralwolle herauszureißen empfiehlt sich sicher nicht, schon weil dabei erst recht die krebserregenden Fasern freigesetzt werden. Aber beim Neubau und bei grundlegender Sanierung von Altbauten sind Alternativen zu den herkömmlichen Dämmstoffen empfehlenswert. Nicola Liebert