: Verteuerung "unsozial"
■ Verkehrssenator: Trotz teurerer BVG-Tickets kaum weniger Fahrgäste / Grüne und BUND kritisieren Fahrpreiserhöhung
Die zum 1. Januar kommenden Jahres geplante Preiserhöhung bei den BVG (Berliner Verkehrsbetrieben) soll noch in diesem Monat beschlossen werden. Dies berichtete gestern Verkehrssenator Herwig Haase (CDU). Die Verteuerung um etwa zehn Prozent werde nicht dazu führen, daß die Fahrgastzahlen spürbar zurückgehen werden.
Der Senator begründete die Verteuerung mit dem geringen Kostendeckungsgrad der BVG. Die Unkosten würden nur zu rund 20 Prozent gedeckt, während der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) rund 60 Prozent vorweisen könne. Gegenwärtig stünden den jährlichen Kosten der BVG von etwa 2,6 Milliarden Mark Einnahmen von lediglich 600 Millionen Mark gegenüber. Mit den höheren Tarife könnten die Einnahmen um bis zu 50 Millionen Mark gesteigert werden, meinte Haase. Um darüber hinaus das Defizit zu verringern, müsse die BVG mittels Rationalisierung in den nächsten Jahren rund eine halbe Milliarde Mark sparen.
Der BUND kritsierte gestern die geplante Preiserhöhung. Wer die Straßenbahn in den Stau schicke, dürfe sich nicht wundern, daß die Leute aufs Auto umsteigen, hieß es in einer Erklärung. Wenn der BVG die Fahrgäste wegblieben, dürften die Tarife nicht erhöht werden. Die Grünen bezeichneten die Erhöhung als unsozial. Denn der Preis für die Seniorenkarte im Ostteil werde verdoppelt. Michael Cramer erinnerte daran, daß der CDU/SPD-Senat in der laufenden Legislaturperiode die Tarife zum dritten Mal erhöhe. Die Parkgebühren für Autos seien dagegen gleichgeblieben. Von 1991 bis 1995 kürze das Land seine Zuschüsse an die BVG um insgesamt 750 Millionen Mark. Dies sei die Summe, die der Bau des Autotunnels unter dem Tiergarten koste. „Eine klassische Umverteilung von der Schiene auf die Straße“, sagte Cramer.
BVG-Sprecher Wolfgang Göbel widersprach gestern Berichten, nach denen die BVG die Tarife bestimme. Das Unternehmen habe seine Vorschläge dem Verwaltungsrat zu unterbreiten. Der im Verwaltungsrat durch den Verkehrssenator vertretene Senat habe die Möglichkeit, eine Tariferhöhung abzulehnen. Die Tarife können jedoch ohne Zustimmung des Abgeordnetenhauses geändert werden, hieß es gestern aus der Verkehrsverwaltung. Die Preiserhöhung werde aber mit der CDU/ SPD-Koalition abgesprochen, sagte Alexander Kaczmarek, Referent des Verkehrssenators.
Nach gestrigen Zeitungsberichten soll der Preis für den Einzelfahrschein im Westteil von 3,20 auf 3,50 Mark, im Osten von 2,80 auf 3,10 Mark steigen. Senioren hätten künftig für ein Jahres-Abo mit 550 Mark fast doppelt soviel wie bisher zu zahlen. Die Umweltkarte werde im Westteil 82 statt bisher 74 Mark, im Ostteil 70 statt bisher 60 Mark kosten. Für ein Jahres-Abo müßten den Berichten zufolge 700 Mark im Westen und 600 Mark im Osten auf den Tisch gelegt werden. Dirk Wildt
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