„Hitlerfan aus Leichtsinn“ als Zeuge

■ Mölln-Prozeß: Bester Freund des Angeklagten sagt aus

Schleswig (taz) – Bei seinen Kumpels gilt er als kompromißloser Nazi, als mutig, hart, brutal. Tobias S., ein schmächtiger 19jähriger, der beste Freund von Lars Christiansen in der Möllner Skinhead-Szene. Christiansen und Michael Peters sind angeklagt, im November letzten Jahres drei Türkinnen durch einen Brandanschlag getötet zu haben. Am Mittwoch, dem 28. Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht in Schleswig, ist S. als Zeuge geladen.

Bei allen Zeugen aus dem rechtsradikalen Umfeld geht es dem Gericht vor allem um eine Frage: Wie verfestigt war Christiansens rechte Einstellung? Hatte er sich – wie er behauptet – zur Zeit des Attentats bereits von seiner Clique distanziert?

„Er stand mal so, mal so zu den Skins“, erzählt Tobias S. Christiansen habe die Haare immer dann kurz getragen, wenn er sich gut mit der Gruppe verstand, immer dann wachsen lassen, wenn er von ihr die Nase voll hatte. Staatsanwalt: „Hatte Christiansen die Haare zur Zeit des Anschlags kurz oder lang?“ Zeuge: „Kurz!“ Aber Christiansen habe nie angedeutet oder erwähnt, daß er bei den Anschlägen dabei gewesen sein könnte.

Tobias S. bestätigt das Image Christiansens, wie es schon andere Jungmänner dem Gericht beschrieben hatten: Er galt als „Weichei“, „Weichkeks“, „Weichwurst“. Aber offenbar hatte sich Christiansen mit seiner Gesinnung doch nicht immer zurückgehalten. Immerhin hatte der Vater von Tobias Christiansen Hausverbot erteilt, weil er rechtsradikale Sprüche geklopft hatte. Tobias S. Kommentar: „Mein Vater ist bei jedem kleinen Bißchen an die Decke gegangen.“

Auch seine eigene rechtsradikale Haltung möchte S. – den seine Mutter als „Hitlerfan“ bezeichnet – lieber als ein „bißchen“ herunterspielen. Richter: „Sie haben geredet wie ein Nazi, haben ihr Zimmer eingerichtet wie ein Nazi, sind aufgetreten wie ein Nazi. Sie waren doch ein Nazi?“ Zeuge: „Ich bezeichne mich nicht als Nationalsozialist. Aber ich habe nationalistische Ideen.“ Und seine Vorliebe, mit erhobenem Arm zu grüßen, sei eine „unüberlegte Handlung in jugendlichem Leichtsinn“ gewesen.

In Christiansens Wohnung hatte die Polizei eine Saftpackung gefunden, auf der „Faruk Arslan“ gekritzelt stand. Faruk Arslan hat bei dem Anschlag drei Menschen seiner Familie veloren. S. hatte den Namen auf die Packung geschrieben – zwei Tage nach dem Verbrechen. Warum? „Ich hab' darauf so rumgekritzelt. Wir haben bei Lars Fernsehen geguckt, vielleicht war da der Name gefallen.“

Habe er was gegen Faruk Arslan, den er, wie alle in der Kleinstadt, kannte und mit dem er mal eine Auseinandersetzung gehabt habe? „Das kann man so sagen.“ kik/bam