: Wenn's schon stattfindet, dann wenigstens ökologisch
■ Mit ihrem umweltorientierten und prämierten Entwurf für das Olympische Dorf in Sydney hat Greenpeace die Chance, Maßstäbe für die Zukunft zu setzen
Als das Sydney-2000-Bewerbungskomitee einen Wettbewerb für die Gestaltung des Olympischen Dorfes ausschrieb, reichte auch Greenpeace einen Entwurf ein – ganz nach dem in Australien allseits beliebten Motto „Let's have a go“. Was so viel bedeutet wie: „Wir können's ja mal versuchen“. Vielleicht hatte man nicht die Zeit oder hielt es einfach nicht für notwendig, sich zuvor nach der Einstellung der Umweltorganisation zu dem olympischen Großereignis und allem, was damit zusammenhängt (etwa Coca-Cola und Massenflugverkehr), zu erkundigen. Wie dem auch sei, danach fragt jetzt keiner mehr, denn Greenpeace hat den Wettbewerb um das Dorf-Design gewonnen, und jetzt wird auch weitergemacht – diesmal nach dem Motto: Wenn's schon stattfindet, dann wenigstens so, daß wir möglichst viel davon haben.
Der Greenpeace-Entwurf für das Olympische Dorf ist ganz im Einklang mit den Zielen der Organisation, und ein wesentlicher Aspekt daran ist, daß wegen der globalen Erwärmung auf niedrige CO2-Emissionen geachtet wird. Außerdem soll nach Auskunft von Greenpeace-Sprecherin Elizabeth Mealey das Dorf ein „Fußgängerdorf“ werden, das heißt optimal ausgestattet sein mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Fuß- und Fahrradwegen. Das ist um so bemerkenswerter, als es in Sydney praktisch keine Radfahrwege gibt und der Gedanke, das Fahrrad als Verkehrsmittel zu benutzen, dem Durchschnittsaustralier relativ fremd ist.
Total energieeffizient soll es werden, das grüne Olympiadorf: um optimalen Gebrauch vom natürlichen Licht zu machen, sollen alle Appartements nach Norden ausgerichtet sein (Australien liegt in der südlichen Hemisphäre!), und die Fenster, die nach Osten und Westen hin liegen, werden mit Vorrichtungen versehen, die die Hitze abhalten. „Solar passiv“ nennt man diese Form der Konstruktion, die den großen Vorteil hat, daß man für die in Sydneys Sommer dringend benötigte Air- condition keine die Ozonschicht gefährdenden Substanzen verwenden muß. Und das Ganze wird mit Sonnenenergie betrieben – die Straßenbeleuchtung inbegriffen. Die Kühlschränke kühlen mit dem in Deutschland entwickelten Greenfreeze-System, und man will generell versuchen, alle toxischen Substanzen zu bannen, wie etwa PVC in Möbeln und Kabeln, bis hin zur Vermeidung der Verwendung von tropischen Hölzern.
Nach Auskunft von Elizabeth Mealey wird Greenpeace, das offiziell nur an der Gestaltung des Olympischen Dorfes beteiligt ist, soweit wie möglich seinen Einfluß auch auf andere Bereiche ausdehnen. Zum Beispiel, indem die Umweltschützer sich dafür einsetzen werden, daß umweltbewußt gedacht wird in Hinblick auf Verpackungsmaterialien und die massenweise anfallenden Eintrittskarten. Beides soll nach Möglichkeit entweder wiederverwendbar oder zu recyceln sein.
Von größter Bedeutung ist für den weitgehend trockenen Kontinent Australien, daß das im Dorf verbrauchte Wasser recycelt wird. Überlegt wird, ob man bei der Abwasserentsorgung zunächst die Membrantechnologie einsetzen soll; anschließend würde das Wasser dann in einem weiteren Reinigungsprozeß durch künstliche Biotope geleitet werden.
„Beweisen, daß man so was bauen kann“
Mit Hilfe dieser alternativen Technologien will man erreichen, daß Abwässer wieder in Form von Wasser, das keine Schadstoffe mehr enthält, in die Landschaft zurückfließen können, dort, wo es dringend genug gebraucht wird.
Schon ist die Arbeit, die Greenpeace in das Dorfkonzept gesteckt hat, zur Vision in einem Greenpeace-Report für Sydney im Jahre 2013 geworden, der vor einigen Monaten erschienen ist und ein das ökologische Gleichgewicht bewahrendes Sydney vorstellt. Und obwohl in Kreisen der grünen Organisation behauptet wird, daß man nicht besonders scharf ist auf die Olympischen Spiele, herrscht nach Mealeys Bekunden allgemeiner Konsens darüber, daß es gut wäre, wenn das Dorf gebaut wird – und funktioniert. „Damit wir beweisen können, daß man so was tatsächlich bauen kann: eine das ökologische Gleichgewicht bewahrende Stadt für die Zukunft. Das ist für uns die optimale Gelegenheit. Bis jetzt war nie ein geeigneter Anlaß dazu da.“
Homebush Bay, wo das Olympische Dorf entstehen soll, ist eine jener Gegenden von Sydney, in der in der Vergangenheit Umweltverschmutzung in großem Ausmaß stattgefunden hat. Dort war eine der größten unkontrollierten Müllkippen der Metropole, und Elizabeth Mealey weist darauf hin, daß Greenpeace sein Engagement im Hinblick auf die Olympiabewerbung von einer entsprechenden Entsorgungs- und Säuberungsaktion abhängig gemacht hat. Und tatsächlich findet dort zur Zeit eine der größten Sanierungsaktionen statt, die es in Australien je gegeben hat. „Die Beseitigung von Umweltschäden in Homebush war uns ein großes Anliegen“, so Mealey, „und sie ist Greenpeace zugesichert worden.“ Sprecher Hamish Fraser vom Bewerbungskomitee kann das bestätigen: Das Dorf, das im Jahre 1998 errichtet werden soll, wird den von Greenpeace vorgegebenen Richtlinien entsprechen. Die Greenpeace-Sprecherin: „Wir sind nicht begeistert von den Olympischen Spielen, aber wenn sie schon stattfinden, dann wollen wir sie so gut wie möglich gestalten. Es wird preiswerten Wohnraum schaffen und ein Sprungbrett sein für viele alternative Technologien. Wir können Maßstäbe setzen für urbanes Leben. Schon heute bekommen wir Anrufe von Herstellern, die die Solaranlagen bauen wollen.“
Ein Dorf, in dem das ökologische Gleichgewicht bewahrt wird, als Paradestück kreieren und vorzeigen zu können – davon haben die Umweltschützer bis dato nur träumen können. Schade nur, daß erst die Olympischen Spiele das realisieren könnten – letztendlich doch nur eine gigantische Werbeshow, bei der die Sportler selbst nur Kleindarsteller sind.
Aus dem Englischen: Nad. Helmi
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