Mit heiligem Segen

■ Vatikan pro Peking / Peking droht mit Boykott der Spiele 1996 in Atlanta

Berlin (taz) – Die Olympiabewerbung geht in die heiße Phase. Damit laufen auch die Gemüter heiß. Olympia wird immer mehr zum Forum der Leute, die sich gegenseitig den Marsch blasen wollen. Oder zum Taktierfeld.

Der britische Außenminister Douglas Hurd hat beispielsweise Peking wegen der Menschenrechtslage als „schlechte Wahl“ bezeichnet. Den Amis, die selbiges schon einige Wochen zuvor als großes Negativum ins Feld geführt hatten, drohte nun der Vizebürgermeister von Peking. Zhang Baifa, in Personalunion auch Vizevorsitzender des Bewerbungskomitees, ließ wissen, für den Fall, daß Sydney den Zuschlag erhalte, werde China aus „Rache“ die Spiele 1996 in Atlanta boykottieren.

Dies berichtete, taktisch nicht ganz ungeschickt, ein australischer Rundfunksender. Woraufhin sich der Sprecher des chinesischen Bewerbungskomitees flugs beeilte, die Drohung abzuschwächen: „Wir haben noch nicht erörtert, was wir 1996 tun werden.“

Um der Diskussion auch noch eine klerikale Note zu verleihen, hat sich in die australisch-chinesisch Debatte gestern auch der Heilige Stuhl eingemischt. Der Vatikan, so wurde verlautbart, würde seinerseits Spiele in Peking begrüßen. Völlig uneigennützig, natürlich. Man erhoffe sich eine Öffnung des Reiches der Mitte für den katholischen Glauben, hieß es aus Rom.