: Ethnische Bundesstaaten für Südafrika?
■ Verhandlungen zwischen de Klerk und Buthelezi enden ohne konkretes Ergebnis
Kapstadt (taz) – „Wenn die Nationale Partei beschließen sollte, mit dem ANC und der Kommunistischen Partei allein weiterzumachen und keine Rücksicht auf Inkatha zu nehmen, muß sie die Verantwortung gegenüber dem südafrikanischen Volk und der Geschichte für die drastischen Konsequenzen übernehmen“, drohte Mangosuthu Buthelezi am Donnerstag zu Beginn der Unterredung mit Staatspräsident Frederik de Klerk in Kapstadt. Acht Stunden später gab sich der Staatschef geschlagen. Buthelezi, Chefminister von Südafrikas Gnaden im Schwarzenreservat Kwa Zulu und Führer der konservativen Schwarzenbewegung Inkatha, weigert sich immer noch, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Damit bleibt die Demokratisierung Südafrikas weiter gefährdet. Auch der Wahltermin für den ersten allgemeinen Urnengang am 27. April 1994 ist wieder unsicher geworden. Inkatha will Wahlen erst im September des nächsten Jahres. Schon am Mittwoch hatte de Klerk vergeblich versucht, Ex- General Constand Viljoen, den Führer der rechtsradikalen „Afrikaaner Volksfront“, bei einem Gespräch zu einem Kompromiß zu bewegen.
Dabei ist die südafrikanische Regierung offenbar mit dem stillschweigenden Einverständnis des ANC bereit, Buthelezi und den rechtsradikalen Weißen in der Forderung nach ethnisch begründeten Bundesstaaten entgegenzukommen. Für Buthelezi und seine konservative Schwarzenbewegung Inkatha soll danach ein Bundesstaat nördlich des Tugela-Flusses zugeschnitten werden, um einen regionalen Wahlsieg sicherzustellen. Den Buren, die ein eigenes Homeland wollen, würde ein Bundesstaat an der Grenze zu den Nachbarländern Botswana und Simbabwe zugestanden – bei geschickter Grenzziehung könnte so eine weiße Bevölkerungsmehrheit in diesem Gebiet zusammengebastelt werden.
Die Aufteilung nach ethnischen Gesichtspunkten würde sich in der Zukunft möglicherweise als fatal erweisen. Aber die De-Klerk-Regierung und auch der ANC wissen bald keinen Ausweg mehr, wie die Verhandlungsgegner wieder eingebunden werden können. Einigkeit besteht darüber, daß Wahlen gegen den Widerstand von Inkatha und der Volksfront in einem Blutbad enden könnten.
Aber Inkatha besteht darauf, daß alle Verhandlungsvereinbarungen vor den Wahlen zu einer Verfassungsgebenden Versammlung nicht nur festgeschrieben werden, sondern daß sie anschließend auch nicht mehr verändert werden können. „Nach den Wahlen wird sich die Welt nicht mehr für Südafrika interessieren,“ erklärte ein Inkatha-Kenner. „Buthelezi glaubt deshalb, daß die wichtigen Punkte vorher festgemacht werden müssen.“ Dazu zählt insbesondere das Machtverhältnis zwischen einer zukünftigen Zentralregierung Südafrikas und den Bundesstaaten.
Inkatha schlug der regierenden Nationalen Partei (NP) von Präsident Frederik de Klerk mittlerweile auch ein Wahlbündnis vor. Die Koalition aus der konservativen Schwarzenbewegung, der NP und der „Gruppe betroffener Südafrikaner“ (COSAG), in der Rechtsradikale das Sagen haben, sollte gemeinsam gegen den ANC antreten. Mit dem Schachzug bringt Buthelezi de Klerk in dessen Partei in die Bredouille.
Mehrere Regierungsvertreter um den Polizeiminister Hernus Kriel werfen dem Staatspräsidenten vor, dem ANC zu viele Zugeständnisse zu machen. De Klerk sowie die Chefunterhändler Roelf Meyer und Leon Wessels könnten in einer zukünftigen Regierung der Nationalen Einheit ihrer Posten sicher sein, während andere das Nachsehen haben würden, lautet der parteiinterne Vorwurf. Laut Meinungsumfragen würde die NP bei Wahlen nur noch zwölf Prozent der Stimmen erhalten. Willi Germund
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