■ Was tun, wenn der Bär gewinnt?
: Was für Berlin spricht

„Olympia – und tschüß“ hieß es am Samstag in knapper Klarheit. Auch wenn man sich das wünscht, so kurz und schmerzlos wird das Kapitel Olympia in Berlin möglicherweise doch nicht zugeschlagen. Ausgeschlossen ist es nicht, daß Berlin in vier Tagen in Monaco den Zuschlag erhält; im Gegenteil gibt es für das IOC durchaus gute Gründe, die Spiele nach Berlin zu vergeben.

Für die Stadt sprechen die günstigeren Fernseh-Übertragungszeiten gegenüber den Konkurrenten Peking und Sidney – und damit die weltweit besten Vermarktungschancen für die TV-Rechte. In Europa, das in den nächsten Jahren als medialer Wachstumsmarkt eingeschätzt wird, und in den USA könnten Spiele in Berlin die publikumswirksamsten Einschaltzeiten garantieren. Hinzu kommt eine inzwischen nicht mehr anzuzweifelnde Unterstützung der Bundesregierung als unverzichtbare Grundlage der IOC-Entscheidung. Außerdem ist die Bürgschaft der deutschen Industrie, für eventuelle Einnahmeverluste bei der Durchführung aufzukommen, für die IOC-Oberen wie eine Lizenz zum Schuldenmachen.

Alles zusammen sind dies Argumente für die Herren der Ringe, neben denen die mangelnde Olympia-Begeisterung der Bevölkerung und radikaler Widerstand zu vernachlässigbaren Größen werden könnten. So zynisch die Samaranch-Aussage in unseren Ohren klingt, Deutschland habe 1936 und 1972 bewiesen, daß es Olympische Spiele organisieren kann – für das IOC kann dies tatsächlich den Ausschlag geben. Ob die Finanzkalkulation der Olympia GmbH völlig unrealistisch ist, ob das größenwahnsinnige Münzprogramm ein absoluter Flop wird, ob der Olympia-Express nur eine planerische Seifenblase ist, ob Berlin nach den Spielen für lange Jahre finanziell ruiniert ist und die Menschen unter den nicht mehr bezahlbaren Mieten stöhnen – all das ist dem IOC letztlich egal. Dort zählt nur, daß mit der Vergabe der Olympiade nach Berlin auch die Bundesregierung im Wort steht, die Spiele durchzuführen.

Falls der Bär am Ende doch die Nase vorne haben sollte, wird sich die Opposition gegen Olympia darauf einzustellen haben. Diese Entscheidung, getragen von einer parlamentarischen Mehrheit, kann dann nicht mehr ignoriert werden, will man sich nicht politisch handlungsunfähig machen. Heben die IOC-Fürsten in Monaco für Berlin die Hände, dann werden auch von der Opposition neue politische Antworten für das Problem fällig, wie die Stadt trotz Olympia nicht gänzlich unter die Räder eines preistreibenden Baubooms und der ungehemmten Kapitalverwertung gerät. Brandanschläge gegen Fahrzeuge und Gebäude der Olympia-Sponsoren sind jedenfalls keine Antworten. Gerd Nowakowski