Siegel gegen Kinderarbeit

■ Ein neues Warenzeichen soll indische Teppiche auszeichnen, die garantiert ohne Kinderbeteiligung hergestellt wurden

Kinderarbeit ist in Indien gesetzlich verboten - trotzdem rackern etwa 150 000 Kinder in indischen Teppichmanufakturen. Dem könnte demnächst ein Riegel vorgeschoben werden: Zum Beginn des nächsten Jahres soll ein Warensiegel eingeführt werden, das nur jene Hersteller erhalten, die garantiert keine Kinder beschäftigen, und an deren Knüpfstühlen alle Beschäftigten den festgelegten Mindestlohn (etwa magere 1,20 bis 2,40 Mark pro Tag) erhalten. Das kündigte der Koordinator des indisch-deutschen Exportförderungsprojektes IGEP (Indo-German Export Promotion Project), Dietrich Kebschull, gestern anläßlich der Orient-Teppichmesse Eurotefa '93 in Hamburg an.

Nicht nur die „gute Tat am Menschen“, sondern vor allem wirtschaftliche Interessen haben die IGEP, die im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) tätig ist, zur Einführung des neuen Warenzeichens motiviert: Das Image der Teppiche soll verbessert werden. „Wir wollen den Teppichexport Indiens und damit auch die Arbeitsplätze dort erhalten“, unterstreicht Kebschull. Denn die Kritik der Verbraucher an Kinderarbeit könnte zum Exporthemmnis werden. „Wenn sich das Image verschlechtert, könnte der Markt zusammenbrechen.“

Deutschland zählt zu den großen Teppichimportländern der Welt - im vergangenen Jahr wurden mehr als zehn Millionen Quadratmeter der handgeknüpften Woll- und Seidenware im Wert von 1,4 Milliarden Mark nach Deutschland eingeführt.

Das neue Warenzeichen wird unter Aufsicht der IGEP vom indischen Teppichhandel, Nichtregierungsorganisationen (NRO) sowie unter anderem vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef vergeben. Bereits 100 Hersteller in Indien – die etwa 15 Prozent der Teppiche produzieren lassen – wollen bei dem neuen Warenzeichen mitmachen. Die Initiative ist für alle „freiwillig“, sagte Kebschull: „Wir wollen weder Gesetze noch polizeiliche Maßnahmen, um das Siegel durchzusetzen.“

Gleichzeitig bemüht sich der deutsche Bundesverband der Orientteppich-Imorteure bei der indischen Regierung darum, alle Teppiche mit einer Sonderabgabe von zwei Prozent des Exportwertes zu belasten. Von dem Geld sollen Bildungsprojekte für indische Kinder finanziert werden.

lno