Märchenhafte Begegnung

■ Integration jugendlicher Behinderter und nicht-Behinderter im TiK

Das Konzept stimmt, die Lokalität noch nicht. Die mangelnde Zugänglichkeit für RollstuhlfahrerInnen des Theaters in der Kunsthalle wirft einen kleinen Schatten auf das neue Jugendtheaterprojekt vom Hamburger Spastikerverein und dem TiK.

Die Idee, daß sich Nichtbehinderte und Behinderte auf der Bühne der Theaterarbeit widmen, wurde 1992 vom Spastikervereins und der Leiterin der Jugendtheatergruppe am Thalia, Marlies Jeschkeder erdacht und von der Kulturbehörde bewilligt. Seit Januar 1993 wird an dem Projekt gearbeitet. Gewählt wurde ein Stück, dessen Schwerpunktthema typische Auseinanderssetzung zwischen Eltern und flügge werdenden Jugendlichen aufwirft. Probleme, die den unverstandenen Wünschen und auferlegten Zwängen erwachsen, werden in dem Märchen Der Eisenhans durch die Gruppe dargestellt.

Der Eisenhans ist ein unheimliches Getüm aus den Sümpfen eines Königreichs, das auf Befehl des Königs eingesperrt wird, um das Volk und den königlichen Nachfolger zu schützen. Die Frage ist nur, ob dieser sich beschützt sehen mag oder aber sein Schicksal aus eigener Hand schmieden will. Die verstärkt hervortretende Problematik der Loslösung und Eigenverantwortung im Leben behinderter Jugendlicher laden das Stück inhaltlich auf. Somit bedient sich Astrid Eggers, der die Intendanz des Projekts obliegt, keinerlei Schnörkel bei der Ausstattung. Integriert wird daher alles – Rollstühle dienen der Staffage – Mitspieler als Tisch oder Brunnen und manch allzu märchenhaftes wird durch Eigenimprovisation der Jugendlichen in eine realistische Ebene zurückgeholt, in der das eigene Erleben anfängt. Selbstbetrachtung ist das Ziel der Gruppenarbeit, die schließlich alle auf einen gemeinsamen Nenner bringt.

„Anfänglich war es schwierig die Gruppe auf der Bühne zusammenzuführen und immer wieder auf den roten Faden kontinuierlicher Arbeit zu verweisen“, berichtet Astrid Eggers. Sie leistete gewissermaßen Pioniersarbeit damit, das Gemeinschaftsprojekt eines großen Vereins wie des Hamburger Spastikerverbands und eines renommierten Theaterhauses wie das Thalia-Theater zu einem erfolgreichen und beständigen Programm zu verwirklichen. Die Entwicklung gilt abzuwarten, obgleich die Prognosen durch den Ausverkauf der Karten für die heutige Premiere-Aufführung optimistisch stimmen.

Audrey-Sue Peters