Die Normalos bleiben unten

■ Wegners Statt-Partei will nicht auf die Senatsbank / „Gnadenlos konstruktiv“

Whow! „Statt-Partei sucht fähige Personen, die verantwortungsvolle Regierungsposten übernehmen wollen.“ – „Warum eigentlich nicht?“ Bürgerschaftsnewcomer Markus Wegner gab gestern die Frage an die skeptischen JounalistInnen zurück: „Warum eigentlich nicht über ein Zeitungsinserat geeignete Senatorenkandidaten für unsere Politik suchen?“ Aus der Reihe ihrer acht Abgeordneten wolle jedenfalls niemand einen Platz auf der Senatsbank einnehmen. „Wir werden nicht nach oben wechseln!“ klopfte Wegner gestern die Marschroute fest. Im Fall der Fälle werde man schon fachkompetente und ministrable Menschen von außerhalb finden.

Von null auf hundert war Wegners Statt-Partei am Sonntag mit 5,8 Prozent durchgestartet, gleich acht KandidatInnen brachte die erst am 30. Juni gegründete Wählervereinigung im ersten Anlauf über die Wahlhürde. Und diese zeigten sich auch am Tag danach frohgemut und selbstbewußt: „So gut wie die anderen Abgeordneten sind wir allemal“, lautet ihre Losung. „Uns allen ist gemeinsam, daß wir uns im Leben bereits konstruktiv bewährt haben“, verlautbarte der Listenfünfte, Rechtsanwalt Georg Berg. Und auch die Volkswirtin Rotraut Verheyen (Platz zwei) zeigte ihre kämpferische Seite: „Politik ist doch keine Geheimwissenschaft, schließlich hat auch die GAL mal angefangen. Wir lassen uns jetzt nicht Anfängertum vorwerfen.“

Im Vordergrund des öffentlichen Interesses: Kann und will die Statt-Partei den Grünen die Rolle als SPD-Koalitionspartner streitig machen? „Die GAL und wir haben beide die Berechtigung, in der Hamburger Regierungspolitik mitzuwirken“, so Wegner. Es werde spannend, was diese Dreier-Kombination ausbaldowern werde. Und sowieso – es sollten sich möglichst viele Kräfte an der Regierung beteiligen. Ein Schulterschluß, in den Wegner die Hamburger CDU allerdings nicht miteinbeziehen will.

Wie schon am Wahlabend betonte er gestern erneut, daß seine Fraktion bei einer Regierungsbeteiligung keinen „herkömmlichen Koalitionsvertrag“ abschließen werde. Man sei aber bereit, in einzelnen Fachbereichen, über die man mit dem Bürgermeister „in großer Offenheit und ohne Vorgaben“ diskutieren wolle, „längerfristige und berechenbare Entscheidungen festzuschreiben“.

Dabei stehen für die Polit-Neulinge momentan weniger inhaltliche als strukturelle Forderungen zur Debatte. Sie wollen Politik auf ein anderes Fundament stellen: „Mit uns ist nur etwas zu bewegen, wenn die Geschäftsordnung der Bürgerschaft geändert wird. Die Ausschüsse müssen beispielsweise künftig öffentlich tagen.“ Ohne dies sei für die Statt-Partei nur „knallharte Opposition angesagt“.

Solche Ansagen dürften den SozialdemokratInnen jedoch ein ebenso müdes Lächeln abgewinnen wie gestern den meisten JournalistInnen. Wie auch Wegners Erklärung, es werde unter ihnen keinen Fraktionszwang geben. In strittigen Fällen müsse sich der Senat eben anderswo seine Mehrheit besorgen. „Wenn Voscherau unter diesen Bedingungen nicht will, dann ist das seine Sache.“ Seine Riege habe sich jedenfalls vorgenommen, „gnadenlos konstruktiv“ zu sein. „Wir sind keine rosinenpickenden Realos, sondern schlicht Normalos“. Sannah Koch