Keine Zukunft ohne uns

■ Forderung nach kinderfreundlicher Gesellschaft zum diesjährigen Weltkindertag

Kindergeschrei mitten auf dem Bremer Rathausplatz — das war am gestrigen Weltkindertag erlaubt. Kinder tobten auf der Luftkissen-Burg und brachten sie zum Beben. Manche übten mit Hulla-Hupp-Reifen oder den Pedalos. Dann gab es da noch Kuchen-und Kaffeestände und Info- Tafeln. Warum es gestern so bunt zuging, das wußten allerdings viele Kinder gar nicht. Anlaß war der Welkindertag, an dem der Bremer Landesverband des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB), terre des hommes , der Personalrat des Sozialamtes und die Arbeiterwohlfahrt gemeinsam eine Aktion ausrichteten. „Familien und Kinder werden im Regen stehen gelassen. Wir wollen die Sparmaßnahmen in Bremen nicht widerspruchslos hinnehmen. Es geht um die Zukunft der Kinder, die auch mal groß werden“, sagte Anette Stemmen vom Kinderschutzbund. Der DSKB will die konkreten Auswirkungen der wachsenden Armut und der Sparmaßnahmen für Kinder aufzeigen: So führten Kürzungen und der Sozialabbau in Bremen zur Verarmung der Familien. Familienkrisen wären die Folge und diese gipfelten schließlich in körperlicher und seelischer Gewalt gegen Kinder. Schon 1990 lebten 31,9 Prozent aller Kinder von Sozialhilfe, erläutert Anette von Stemmen. Das bedeute u.a. eine Einschränkung bei der Ernährung. Einem Kind ständen dann nur 30 Mark für Lebensmittel pro Woche zur Verfügung. Hochwertige Nahrungsmittel wie Fruchtsäfte seien darin natürlich nicht enthalten. Unter dem diesjährigen Motto des Weltkindertags „Keine Zukunft ohne uns“ veranstalteten gestern noch weitere Träger in Bremen Aktionen: In der Villa Ichon redeten 20 Kinder der Kinderzeitung „Klick „ mit Politikern.

„Autofreie Tage — und um das durchzusetzen, die Autos teurer machen und die Fahrräder billiger!“, forderte ein Junge die Politiker auf. Vertreter der Jugendorganisationen, der Bildungssenator und die Senatorin für Gesundheit, Jugend und Soziales waren erschienen. Ein Mädchen schlug vor, in jedem Stadtteil eine Anlaufstelle für Kinderprobleme einzurichten, um dann die Anfragen zusammen in die Stadtbürgerschaft zu tragen. Ein Junge wollte eine Fußgängerzone im Viertel haben. Außerdem verlangten die Kinder und Jugendlichen, daß sie in Zukunft ernst genommen werden und daß die Erwachsenen ihre Versprechen einlösen. Schon vor zwei Jahren nämlich ist den Kindern die Einrichtung eines Kinderparlaments versprochen worden — bis heute knobelt der Senat noch an der Idee herum. Letzte Woche fragten Kinder der Zeitung „Klick“ Abgeordnete in der Bremer Bürgerschaft, welche Rechte kinder haben. Die Antworten fielen teilweise dürftig aus: „Ein Kind darf zur Schule gehen“, „ein spezielles Gesetz für Kinder gibt es nicht, das brachen wir auch nicht“, „das Recht zu spielen, ungestört groß zu werden“, „Kinderrechte als Charta wie die Menschenrechte gibt es nicht“. Doch, gibt es. 1989 verabschiedete die Generlversammlung der UN die Konvention über die Rechte des Kindes, 1991 hat die Bundesregierung diese Kinderrechtskonvention unterschrieben, die dadurch geltendes Recht ist. „Warum sind die Kinderrechte so unbekannt?“ fragt Ina. Und Faris: „Irgendwie sind jetzt alle dafür. Aber dann versteh– ich nicht, warum nichts passiert?“ Kinder hätten keine Lobby, hätten kein Wahlrecht, erhielten sie zur Antwort.

Auch in Oldenburg tagte gestern ein Kinderforum. In einem Zirkuszelt diskutierten die Kinder ihre Forderungen und übergaben sie nach einer Abstimmung den Vertretern der Stadt. Diese sollen in vier Monaten vor den Kindern öffentlich Rechenschaft darüber ablegen, was sie für die Kinder erreicht haben. Auf Einladung des Deutschen Kinderhilfswerkes fuhren sechs Kinder und Jugendliche aus dem Bremer Kinderhaus Schildstraße zum ersten Kinderparlament- Bundestreffen nach Berlin. als