„Etappensieg“ für bedrohte Projekte

■ Lesben- und Schwulenberatung vorerst gerettet / 1,5 Millionen Mark müssen an anderer Stelle gespart werden

Die Zukunft der Frauengesundheitsprojekte und der Lesben- und Schwulenberatung scheint erst einmal gesichert: Der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses hat am vergangenen Freitag einstimmig die geplanten Streichungen der Projekte abgelehnt – endgültige Zusagen wird es aber erst nach der Verabschiedung des Haushalts im Spätherbst geben.

Als „Etappensieg“ bezeichnet Christian Denzin von der Schwulen- und Lesbenberatung in der Kulmer Straße die Sitzung des Hauptausschusses, denn „die 1,5 Millionen Mark, die jetzt wieder in den Gesundheitshaushalt aufgenommen werden“, so die Bedingung, „müssen an anderer Stelle eingespart werden“. Er bleibt vorsichtig: „Wir müssen weiterhin ständig aufpassen, daß wir nicht in die Pfanne gehauen werden.“

Sicher sei aber, so Gesundheitssenator Peter Luther (CDU), daß die Zuwendungen für keines der bedrohten Projekte vollkommen gestrichen werden, Kürzungen seien aber weiterhin nicht ausgeschlossen. Zusätzlich soll in den Gesundheitshaushalt 1994 ein weiteres Projekt mit aufgenommen werden – das Familienplanungszentrum „Balance“, das auch Schwangerschaftskonfliktberatungen durchführt. Begründung des Gesundheitssenators: Im Ostteil der Stadt gebe es fast ausschließlich konfessionelle Beratungsstellen, deshalb sei ein pluralistisches Angebot notwendig. Für den gesundheitspolitischen Sprecher des Bündnis 90/Grüne, Bernd Köppl, ist das ein großer Erfolg, denn „nichtkonfessionielle Beratungsstellen wie Pro Familia wurden bisher im Ostteil nicht zugelassen“.

Weiterhin hat der Hauptausschuß die Auflage erlassen, alle Projekte, auch in anderen Ressorts, auf Rentabilität zu überprüfen. Sylvia Groth vom Feministischen FrauenGesundheitsZentrum (FFGZ) hält das für überflüssig: „Wir schicken dem Gesundheitssenator regelmäßig unsere Berichte, eigentlich müßte er längst wissen, was wir für Arbeit leisten.“

Gesundheitssenator Luther denkt ebenfalls an eine mögliche Neueingliederung der Projekte in andere Ressorts: „Beispielsweise könnte die psycho-soziale Beratung der Lesben- und Schwulenberatung beim Jugendsenator bei der Abteilung gleichgeschlechtliche Lebensweisen angesiedelt werden, der Aidsbereich bliebe aber beim Gesundheitssenator.“

Die Lesben- und Schwulenberatung lehnt eine Neueingliederung entschieden ab. Christian Denzin: „Ein Schwuler geht doch, wenn er eine Blinddarmentzündung hat, auch nicht zum Homo-Beauftragten, sondern zum Arzt.“ Deshalb solle die psycho-soziale Beratung in der Kulmer Straße weiterhin dort angegliedert bleiben, wo sie fachlich hingehöre, nämlich beim Gesundheitssenator. Julia Naumann