Neue Verhandlungen

■ Bosniengespräche auf Kriegsschiff

Genf (taz) – Die Genfer Friedensverhandlungen über Bosnien wurden gestern überraschend auf einem britischen Kriegsschiff in der Adria fortgesetzt. Dabei war zunächst unklar, ob es zu der ursprünglich für heute morgen am Flughafen Sarajevo vorgesehenen Unterzeichnung eines Abkommens kommt. Offiziell bestätigt wurde bis zum gestrigen Redaktionsschluß lediglich, daß die Präsidenten Bosniens und Kroatiens mit den beiden Vermittlern von EG und UNO zusammentrafen. Für die bosnischen Serben nahm der Präsident des selbsternannten „Parlaments“, Krajisnik, teil.

Vor der neuen Runde der Geheimdiploatie hatte Izetbegović erklärt, er bestehe nun doch auf der Erfüllung seiner Territorialforderungen. Am letzten Donnerstag hatte er hingegen in Genf Vereinbarungen mit Tudjman wie mit Krajisnik unterschrieben, wonach die noch strittigen Territoralfragen an gemeinsame Arbeitsgruppen delegiert werden, die sich nach einer Unterzeichnung eines Abkommens um eine Lösung bemühen. Hierfür war der Präsident nach seiner Rückkehr nach Sarajevo allerdings massiv kritisiert worden. Zudem machten Serbenführer Karadžić und Kroatenchef Boban inzwischen deutlich, daß sie nicht daran denken, in den vorgesehenen Arbeitsgruppen Zugeständnisse an Izetbegović zu machen. In einem Interview mit der Belgrader Borba erklärte Karadžić, es seien höchstens noch kleinere Gebietsaustausche zwischen Serben und Muslimen möglich. Und er drohte, wenn Izetbegović das Abkommen nicht umgehend unterschreibe, würden „die Frontlinien zu den endgültigen Grenzen der künftigen Republiken erklärt“. Karadžić kündigte außerdem die Schaffung eines „Großserbischen Staates“ an, der aus Serbien, Montenegro, der bosnisch-serbischen Teilrepublik sowie der serbischen Krajina in Kroatien bestehen werde. Die Kämpfe in Bosnien gingen auch zwei Tage nach dem für letzten Samstag vereinbarten Waffenstillstand weiter. Die bosnischen Regierungstruppen machten dabei nördlich von Mostar erhebliche Geländegewinne. Andreas Zumach