Zwei neue Grundrechte

■ Grüne verlangen Informationsfreiheit und Recht des Bürgers auf Privatsphäre

Bonn (taz) – Während die großen Fraktionen sich in den letzten Monaten erfolgreich um eine Einschränkung der Grundrechte bemüht haben, macht die Gruppe Bündnis 90/Die Grünen einen Vorstoß in die entgegengesetzte Richtung.

Künftig soll die Verfassung zwei neue Grundrechte enthalten. Zum einen den Artikel 2a zum Schutz der Privatsphäre, wonach jeder Mensch das Recht hat, über die Preisgabe seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen. Zum anderen den Artikel 5 Absatz 2a, wonach erstmals in die Verfassung die Informationsfreiheit des Bürgers gegenüber der Verwaltung aufgenommen werden soll. Der entscheidende Satz lautet: „Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu den Daten der vollziehenden Gewalt ohne den Nachweis eines rechtlichen oder berechtigen Interesses.“

Sinn und Zweck des Informationsrechts soll nicht nur das private Informationsinteresse sein. Die „Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung und die Kontrolle des staatlichen Handelns“ sind ebenso Motiv für den Entwurf. Künftig sollen sich Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel darüber informieren können, wie es mit dem Krebsrisiko in ihrer Wohngegend bestellt ist, wie die Vorkehrungen zum Schutz vor Atomkraftwerksunfällen aussehen und auf welche Voraussetzungen sich das Bundesgesundheitsamt bei der Zulassung von Medikamenten stützt. Alle Materialien und innerbehördlichen Vorgänge der Behörden sollen einsehbar sein, ohne daß ein spezifisches und „berechtigtes Interesse“ vorgebracht werden müßte. Die Verwaltung soll sogar helfen, daß Bürgerinnen und Bürger an die sie interessierenden Informationen gelangen, da es in dem Dschungel von Zuständigkeiten keineswegs offenbar ist, wo welche Informationen gespeichert werden. An der Stelle des gläsernen Menschen soll künftig die „gläserne Verwaltung“ stehen.

Das Informationsrecht hat seine Grenze dort, wo die persönlichen Daten anderer Bürger tangiert und Geheimhaltungspflichten betroffen werden. Auch der Schutz vor Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, wie der Schutz der Strafverfolgung und Rechtsdurchsetzung dürfe nicht unterlaufen werden. Andererseits soll die Verwaltung sich aber nicht mit dem Hinweis auf derartige Schutzinteressen dem Informationsinteresse pauschal verweigern dürfen. In entsprechenden Fällen ist sie gehalten, schriftlich die Ablehnung eines Informationsinteresses zu begründen und jene Teilbereiche herauszugeben, die nicht geschützt sind. Bündnis90/Die Grünen heben hervor, daß das Recht auf Informationsfreiheit und der Schutz der Privatsphäre (Datenschutz) einander nicht widersprechen, vielmehr komplementäre Gegenstücke darstellten.

In Ergänzung zum allgemeinen Informationsrechtsgesetz stellte die Gruppe noch ein Umweltinformationsgesetz vor. Danach soll künftig ein – kostenloser – Anspruch von Bürgerinnen und Bürgern auf Informationen über die Umwelt bestehen. Zusätzlich sollen öffentlich zugängliche Informationsregister eingeführt werden. Julia Albrecht