Der Tod von Grams ist weiter ungeklärt

■ Der Justizminister in Schwerin stellt die These von der Selbsttötung des RAF-Mitgliedes in den Vordergrund / Ungereimtheiten bleiben aber bestehen

Berlin (taz) – Trotz vieler Worte gab es nur wenig Aufklärung: Die gestrigen Ausführungen des Justizministers in Mecklenburg-Vorpommern, Herbert Helmrich (CDU), tragen zur Ermittlung der genauen Todesumstände des RAF-Mitgliedes Wolfgang Grams bei der fehlgeschlagenen GSG-9- Aktion in Bad Kleinen nicht bei. Der Minister berief sich in Schwerin vor Journalisten zwar auf ein serologisches Zwischengutachten des Instituts für Rechtsmedizin Münster, wonach eine Reihe von Anhaltspunkten dafür sprechen, daß Grams sich den aufgesetzten Kopfschuß selbst beibrachte – wie der Minister aber einräumen mußte, kann von einer endgültigen Klärung keine Rede sein.

Das Spurenbild von Blut, Gewebe und Gewebewasser an der Waffe von Grams sowie Befunde an Projektilteilen und an der Bekleidung der Beteiligten lassen sich dem Gutachten zufolge am ehesten mit einer Selbsttötung von Grams erklären. Offen bleibe, ob sich Grams bewußt erschossen hat, oder ob ein Unfall den Todesschuß auslöste.

Für diese Version, die die Beamten der GSG 9 vom bösen Verdacht der Exekution am Tatort freispricht, sollen auch das Stanzmarkenprofil am Kopf der Leiche sowie der Schußkanal sprechen. Bei den Beamten, die bei der Verfolgung auf dem Bahnhof Grams zuerst erreichten, heißt es weiter, sind keinerlei Spuren gefunden worden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Kopfschuß stehen. Eine Fremdbetätigung könne weitgehend ausgeschlossen werden – ein „Fremdschütze“ hätte nicht nachzuvollziehende Bewegungsabläufe absolvieren müssen. Nicht nachvollziehbare Bewegungen muß man allerdings auch konstatieren, wenn, wie im Gutachten nahegelegt, Grams sich selbst erschossen hat.

Nicht berücksichtigt wurden in Helmrichs Ausführungen etwa auch die Aussagen zweier Zeugen. Übereinstimmend hatten eine Verkäuferin des Bahnsteigkiosks gegenüber der Staatsanwaltschaft und ein anonymer Polizeibeamter gegenüber dem Spiegel erklärt, daß auf den bereits am Boden liegenden Grams von Poizeibeamten aus nächster Nähe Schüsse abgegeben wurden.

Die Ergebnisse, so Helmrich, müssen jetzt mit den weiteren Beweismitteln und Erkenntnissen verglichen werden. Dazu zählte er das noch immer ausstehende Gutachten der Stadtpolizei Zürich. Eine Stellungnahme zu den Gutachten der Schweizer Spezialisten war ursprünglich für Mitte August angekündigt worden. Der Termin wurde mehrfach verschoben. Nun heißt es, der Bericht werde wohl nicht vor Ende des Jahres vorliegen. Wolfgang Gast