Assads Füße in allen Türen des Nahen Ostens

■ Syrien will sich für Friedensverhandlungen möglichst viele Optionen offenhalten

Kairo (taz) – Der syrische Präsident Hafis el-Assad muß sich zum politischen Spagat strecken, um auch weiterhin in allen Türen einen Fuß zu haben. Auch bei seinem Besuch im ägyptischen Alexandria beharrte er am Mittwoch auf der Formel, Syrien sei „nicht für und nicht gegen“ das „Gaza-Jericho-Abkommen“ der PLO mit Israel.

Ägyptens Präsident Husni Mubarak hatte seinen Amtskollegen eingeladen, um die festgefahrenen syrisch-israelischen Friedensverhandlungen wieder in Schwung zu bringen. Bereits am Wochenende hatte der israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin in Ägypten mit Mubarak gesprochen. Ägypten hat als einziges Land einen Friedensvertrag mit Israel unterschrieben und versucht sich als Vermittler zwischen den beiden Lagern. Der ägyptische Außenmister Amru Mussa hällt sich seit Anfang der Woche in Washington auf.

Assads Besuch sollte ursprünglich zwei Tage dauern, wurde dann aber nach einem dreistündigen Gespräch zwischen den beiden Staatsoberhäuptern beendet. Noch kurz bevor er Assad empfing, hatte Mubarak optimistisch erklärt, zwischen Syrien und Israel könne schon innerhalb von wenigen Monaten eine Lösung gefunden werden. Diese werde einen vollständigen Rückzug Israels aus den im Jahr 1967 besetzten und später annektierten Golan-Höhen beinhalten. Nach dem Gespräch mit Assad wollte sich Mubarak allerdings nicht mehr auf einen zeitlichen Rahmen festlegen.

Von dem Abkommen der PLO mit Israel fühle er sich „verletzt“, erklärte Assad nach dem Gespräch während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Mubarak. Andererseits bestätigte er, daß Syrien weiter am Friedensprozeß festhalten werde: „Der palästinensisch-israelische Vertrag wird die syrische Position nicht beeinflussen.“ Mubarak unterstützte Assads Kritik an dem Alleingang der PLO: „Ein einzelner Verhandlungsweg ist nicht genug, um ein Übereinkommen zu erreichen. Wir können die Verhandlungen mit Syrien nicht außen vor lassen.“

Die syrische und die israelische Seite versuchen derzeit, den Preis für ein eventuelles Übereinkommen nach oben zu treiben. Israel fordert zunehmend ein Ende des arabischen Wirtschaftsboykotts und könnte dies auch mit einem Rückzug aus dem Golan verbinden. Syrien dagegen bewirtet derzeit großzügig alle arabischen Verweigerungskräfte in Damaskus, darunter linke Splittergruppen innerhalb und außerhalb der PLO sowie Islamisten wie Hamas und die libanesische Hisbollah. Damaskus hofft dadurch eine Karte in der Hand zu haben, die es gegebenenfalls im Gegenzug für israelische Zugeständnisse ausspielen kann. Für Assad ist es ein leichtes, diese Gruppen bei etwaigen Fortschritten in den Verhandlungen wie eine heiße Kartoffel wieder fallenzulassen.

Dabei muß Damaskus allerdings aufpassen, daß es den Bogen nicht überspannt. US-Außenminister Warren Christopher drohte bereits, die Opposition gegen den Vertrag zwischen der PLO und Israel mit einer internationalen Koalition im Stile der Golfkriegspartner zu bekämpfen. Namentlich nannte er den Iran, den Sudan und Libyen. Es liegt nicht im syrischen Interesse, diese Liste der drei Länder zu ergänzen. Das gilt um so mehr, als daß Syrien immer noch in den USA als einer der Staaten gilt, die internationalen Terrorismus unterstützen.

Seit dem Wegfall des syrischen Bündnispartners Sowjetunion versucht Assad eine konsequente Öffnung Richtung Westen, verbunden mit einer wirtschaftlichen Liberalisierung. Der Privatsektor wird aktiv ermutigt und Handelshindernisse werden beseitigt. Syrien wartet nun mit offenen Armen auf ausländische Investitionen. Ein vor zwei Jahren neu erlassenes Investitionsgesetz soll jetzt die ausländischen Investoren anlocken. Da stände es der syrischen Wirtschaft gut an, für eine stabile Lage in der Region zu sorgen. Wenn die Atmosphäre zwischen den Palästinensern ruhig bleibt und Syrien nicht das Gefühl bekommt, daß doch mehr mit der Verweigerungsfront herauszuholen ist, dann ist ein Vertrag mit Israel wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit. Karim El-Gawhary