■ Mit Atommüllendlagern auf du und du
: Im Abseits

Braunschweig (taz) – Wie wäre nach einem Standort für die Lagerung radioaktiver Abfälle zu suchen? Zunächst müßten Kriterien entwickelt werden, die ein solches Endlager erfüllen soll. Dann erst könnten verschiedene Gesteinsformationen auf ihre Eignung geprüft und schließlich mehrere mögliche Standorte parallel untersucht werden, faßte der wissenschaftliche Organisator des Endlager-Hearings, Helmut Hirsch, gestern in Braunschweig die Arbeitsergebnisse seiner Kollegen zusammen. Bei allen Schritten müsse die Öffentlichkeit beteiligt werden und ein Mitsprachrecht haben.

Was das bedeutet, hatte der Geologe Jürgen Kreusch auf dem Hearing schon ausgeführt: „Eine Standortauswahl, die diesen Namen verdient hat, hat bei keinem der Standorte in der Bundesrepublik stattgefunden.“

Die heute von der Bundesregierung favorisierten Standorte Gorleben, Morsleben und Schacht Konrad sind wissenschaftlich nicht haltbar. Die Bundesregierung habe sich auch international ins wissenschaftlich Abseits manövriert. Darüber waren sich die Atomkraftgegner und -befürworter unter den Wissenschaftlern in Braunschweig weitgehend einig. Hirsch glaubt, daß die Suche mehrere Jahre in Anspruch nehmen werde, daß also mit der Auswahl neuer Standorte erst nach der Jahrtausendwende begonnen werden könne. Mögliche Standorte in Tongesteinen und Salzstöcken fänden sich in Norddeutschland, geeignete Granitgesteine seien in Bayern und Baden-Württemberg zu suchen.

Schon 1975 beauftragte die Bundesregierung den Geologen Gerd Lüttig, aus 280 Salzstöcken in Norddeutschland mehrere für ein atomares Endlager geeignete Standorte auszusuchen. Lüttig schlug 1977 drei Salzstöcke im Emsland, Lichtenberg und Lutterloh vor. Gorleben gehörte nicht dazu. Als dann schließlich aber Gorleben ausgewählt wurde, beschwerte sich der Beamte Lüttig bei seinen Dienstherren. Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) habe geantwortet: „Das ist eine politische Entscheidung. Ihr Geologen kommt auch noch zu eurem Recht.“ Hermann-Josef Tenhagen