Die hanseatische Bierfehde

■ Norddeutsches Bier: Tradition und kriminelle Vergangenheit

Ob Dithmarscher oder Flens, LüPi oder Jever, die Norddeutschen lieben ihr gepflegtes Pils. Und das hat Tradition: Gute 900 Jahre ist es her, daß norddeutsches, genauer bremisches Bier erstmals urkundlich erwähnt wurde. Herausgefunden hat dies die Berlinerin Karin Hackel-Stehr, die 1987 eine Dissertation über das Brauwesen in Bayern schrieb und nun im Bremer Staatsarchiv arbeitet. Dort entdeckte sie Aufzeichnungen, die nicht nur die Dominanz Norddeutschlands in Sachen Bier im Mittelalter belegen, sondern auch eine regelrechte Räuberpistole erzählen.

Bier war im 14. und 15. Jahrhundert das wichtigste Handelsgut der Bremer Kaufleute, ihr Bier nahm damals eine Spitzenstellung ein. Das ließ Hamburg nicht ruhen - die Zeugnisse berichten von einer Bierfehde zwischen beiden Hansestädten.

Begonnen hat das Dilemma 1307, als das Bremer Bier und sein Ruf schlechter wurden. Die Chronik vermerkt dazu, daß der Bremer Rat es nicht verstanden habe, eine Verschlechterung des Bieres „insbesondere durch Haferzusatz“ zu verhindern. So sei das Hamburger Bier an seine Stelle getreten.

Ganz so einfach war es aber wohl doch nicht. Denn 67 Jahre später, so erzählt die Chronik weiter, hätten die Hamburger versucht, Bremen vom alten Absatzgebiet zu verdrängen, indem sie Hamburger Bier für Bremer ausgegeben hatten. Die verärgerten Bremer wurden rabiat. Zu leiden hatte darunter beispielsweise der Holländer Pele Gisensoen, dem Bremer Hauptleute während seiner Fahrt auf der Osterems neun Tonnen Hamburger Bier raubten. Den Höhepunkt an feucht-fröhlicher Dreistigkeit boten Bremer Spitzbuben, die Hamburger Bier stahlen und vertilgten, damit es nicht auf den Markt gelangte. 1489 schließlich verbot der Bremer Rat die Einfuhr des Hamburger Bieres.

Im 16. Jahrhundert ging der Bierhandel von Bremen aus stark zurück. Sicherlich auch eine Folge des 30jährigen Krieges, der immerhin eine große Anzahl von Produzenten und Konsumenten dahinraffte. Erst im 19. Jahrhundert ging es wieder aufwärts mit dem norddeutschen Bier.

Gert Simberger