Durch Einwickeln erst richtig auffallen

■ Lisa Politt als Marika Rökk, etwas aufgefrischt wieder im Schmidt

Wer ist eigentlich Marika Rökk? Oder anders gefragt: Muß man Hormocenta kennen? Diese Frage drängte sich am vergangenen Dienstag nach dem Stück von Lisa Politt: Marika Rökk und ich – Eine Zwangsvorstellung auf. Das Publikum jedenfalls reagierte verhalten: Der Beifall war dünn, gelacht wurde auch nur wenig und einige verließen sogar vorzeitig den Saal. Eine Identifikation mit den von Politt gezeigten Personen und Problemen fand, wenn überhaupt, nur zögerlich statt.

Das Stück beginnt damit, daß die 68er Tochter und Frau im Spiegel-Journalistin Johanna ihre Mutter anruft und zum Geburtstag gratuliert. Sofort werden Klischee-Bomben abgeschossen, die teilweise so alt sind, wie Methusalem jung ist: Mutti schickt der Tochter ein Paket, obwohl ja sie Geburtstag hat. Drinnen ist natürlich Obst, Seife und ein Nachthemd. Weiter müssen das Kaffeekränzchen, der Quelle-Versand oder Jehovas Wachturm herhalten. Eigentlich nicht wirklich schlecht, aber irgendwie abgedroschen. Die Abrechnung mit dem Spießbürgertum, der verklemmten Sexualität (“...meine Mutter ließ sich die Binden einwickeln, damit sie nicht auffallen. Nie merkte sie, daß sie durch das Einwickeln auffallen“) oder mangelhafter Vergangenheitsbewältigung ist alt und hat gerade im Schmidt einen Bart von endloser Länge.

Nach einer dreiviertel Stunde war erst mal Konsumier-Pause. Wie ein Drücker, der ein Abo verkaufen will, wieselte sofort der Kellner an und unterstellte: „Ihr wolltet doch bestimmt was bestellen?“ Umsatz ist bei Erlebnisgastronomie eben alles. Erst beginnt das Stück eine halbe Stunde zu spät, natürlich muß die Karte 30 Minuten vor Beginn abgeholt werden, dann noch 20 Minuten Pause: Klar, daß man da Durst bekommt. Also, schnell ein labberiges Astra (5,70 Mark) geordert und den Frust runtergespült.

Dann kam endlich Marika, die „ihre eigene Schönheitscreme überlebt hat.“ Die Rökk steht einerseits sinnbildlich da für die Trümmer-Muttis, andererseits eignet sie sich wohl hervorragend zur Persi-flage. Doch was ist lustig für den, der den alten UFA-Star gar nicht kennt? Ist es dann erheiternd wenn sie „Ich bin ein altärrr Pfärrrd, nichts hat mich geschafft“ sagt? Ist es etwas Neues, wenn man hört, daß vielen Stars von damals die Karriere wichtiger war als die Politik? Ist es heute anders?

Doch selbst die Menschen aus dem Publikum, die der 68er Generation zugerechnet werden konnten, also den 40er Jahre-Star noch bei der Arbeit erleben durften, hatten Schwierigkeiten das Programm als durchgehend unterhaltsam zu empfinden – wurde da nicht doch manchmal mahnend der Zeigefinger erhoben? Viele nahmen wohl die Devise der Rökk an: „Augen zu, Ohren zu, immer durchhalten“.

Andrew Ruch