„Schwierig ist es für die mittleren Verlage“

■ Ein Interview mit dem niederländischen Verleger Joost Bloemsma

Über Buchhandel im europäischen Binnenmarkt und die Probleme der niederländischen Verleger sprach die taz mit dem Verleger Joost Bloemsma in Utrecht.

taz: Herr Bloemsma, was bedeuten die offenen Grenzen in Europa für das Verlagswesen?

Joost Bloemsma: Im Grunde genommen wird sich sehr wenig tun. Der Büchermarkt ist immer ein sehr offener Markt gewesen, der sich überwiegend an Sprachgebieten orientiert hat. Deutsche haben immer in der Schweiz und in Österreich verkauft, Franzosen in der Schweiz und Belgien und so weiter. Markthemmnisse, wie man sie aus anderen Bereichen kennt, hat es abgesehen von geringfügigen steuerlichen Hemmnissen nie gegeben. Das hat Gott sei Dank auch etwas mit Pressefreiheit zu tun.

Wenn man in Amsterdam in den Buchladen geht, fällt auf, daß viele Bücher in den Regalen englischsprachig sind – oder Französisch oder Deutsch. Sehen Sie darin kein Problem für das niederländische Verlagswesen oder die Sprache? Sie verfügen ja umgekehrt nicht über ein größeres Sprachgebiet in umliegenden Ländern.

Das ist richtig. Exportieren können wir umgekehrt in niederländisch kaum – drei Bücher nach Südafrika und vielleicht zwei in die Antillen. Die englische Sprache könnte tatsächlich zum Problem werden. Aber das gilt möglicherweise für den gesamten europäischen Raum.

... nicht in ganz Europa wird so gut und selbstverständlich englisch gesprochen.

Richtig. Ich denke, im Entertainment-Bereich könnte es schwierig werden. Gucken Sie sich das Fernsehen an – die meiste Unterhaltung ist bereits jetzt auf Englisch mit niederländischen Untertiteln. Das heißt aber glücklicherweise noch nicht, daß die Leute Englisch lesen können. Ich denke, die Hemmung, ein Buch in einer Fremdsprache zu kaufen, ist doch noch größer.

Dennoch bleibt die Tatsache, daß sie mit einem möglicherweise immer kleiner werdenden Markt konfrontiert sind.

Der Direktor des Penguin-Verlags in London sagte einmal: „Ich danke Gott auf den Knien, daß ich nicht als Holländer geboren bin.“ Sicher, das Verlegen ist hier schwieriger. Wenn Bestseller in Deutschland leicht Auflagen von 500.000 bis 600.000 erreichen, sind wir schon heilfroh, wenn wir 100.000 Bücher verkaufen.

Gehen kleine Verlage in dem System nicht unter?

Die ganz kleinen Verlage werden immer überleben, weil sie sich Nischen suchen, zum Teil sogar innerhalb der Niederlande mit regionaler Literatur. Schwierig ist es für die mittleren Verlage bis zu fünf, zehn Millionen Gulden Jahresumsatz. Ihnen wird es vermutlich in den kommenden Jahren immer schwerer gemacht.

Wenn die niederländische Sprache schon benachteiligt ist, die immerhin von 27 Millionen Menschen auf dieser Welt gesprochen wird, wie steht es denn um wirkliche Minderheitensprachen?

Das ist ein reines Subventionsgeschäft. Aber hier zum Beispiel wird in Veröffentlichungen in Friesisch ziemlich viel investiert. Das hängt allerdings von der Politik der jeweiligen Regierung ab. Wirtschaftlich sind derartige Veröffentlichungen natürlich nicht. Interview: Jeannette Goddar