Viele Regale bleiben leer

■ Verleger in der „Bundesrepublik“ Jugoslawien hoffen auf bessere Zeiten

Belgrad (taz) – Das Embargo und der wirtschaftliche Zusammenbruch hat die Buchverlage in der „Bundesrepublik“ Jugoslawien besonders hart getroffen. Wirtschaftlich am schlechtesten geht es den Menschen in den Städten, und dort besonders den Intellektuellen – traditionell die besten Kunden der Buchläden. Bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von zwanzig Mark und Buchpreisen von zehn bis zwanzig Mark liegt es auf der Hand, daß kaum jemand vom Buchverkauf leben kann.

Früher dominierten die großen Staatsverlage den Markt, aber inzwischen sind sie in einen Winterschlaf gefallen. Die meisten stehen vor einem riesigen Schuldenberg, weil sie sich noch immer an der sozialistischen Arbeitsweise orientieren. Sie sind konservativ und können keine billigen Bücher produzieren. Vor dem Embargo erschienen etwa 7.000 Bücher im Jahr, jetzt sind es nur noch tausend – einschließlich der Sachbücher. Darüber hinaus lag die Erstauflage früher bei rund 5.000 Exemplaren, während heute höchstens noch 2.000 – bei Gedichtbänden sogar nur ein paar hundert – gedruckt werden. Großverlage können nur überleben, wenn sie über ihre eigene Druckerei verfügen und Fremdaufträge ausführen. Einige Verlage haben jetzt begonnen, enger zusammenzuarbeiten und Bücher gemeinsam herauszugeben.

Während die meisten Verlage mittlerer Größe vom Markt verschwunden sind, konnten sich zahlreiche kleine Privatverlage halten. Sie veröffentlichen nur wenige neue Bücher, doch die sind von höchster Qualität. Dazu gehört eine Menge Enthusiasmus, und häufig kommt das Geld für die Buchproduktion aus anderen Quellen als dem Buchverkauf. Deshalb wird ihnen manchmal vorgeworfen, daß die Kleinverlage lediglich „Geldwaschanlagen“ für Schwarzgelder sind.

Sowohl in der „Bundesrepublik“ Jugoslawien, als auch in den ehemaligen jugoslawischen Republiken setzte vor etwa zwei Jahren eine Flut von Büchern zur nationalen Geschichte ein. Heute kann man die zeitgenössische Literatur in zwei Kategorien einteilen: zum einen Bücher mit politischer Thematik, und zum anderen Literatur, in der die jüngste Geschichte völlig ausgeblendet wird.

Während der einheimische Buchmarkt schwere Krisen durchmacht, sind zahlreiche jugoslawische Autoren im Ausland erfolgreich. Die Bücher von Milorad Pavić und Danilo Kiš sind in dreißig Ländern erschienen. Die Belgrader Schriftsteller Vuk Drašković, Dragan Velikić, Vidoslav Stevanović und Vladislav Bajac sind ebenfalls weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. „Es ist gut für die Moral, wenn man im Ausland veröffentlicht wird“, sagt Bajac. „Dieser Erfolg hilft auch dabei, einen Verlag für sein nächstes Buch in Jugoslawien zu finden.

Aufgrund des Embargos ist es eigentlich unmöglich, neue ausländische Bücher zu veröffentlichen. Dennoch gibt es einige. Zum Teil bestehen noch alte Verträge, aber manche Verlage drucken auch ohne Vertrag. Vor allem für die einheimischen Schriftsteller ist diese Verbindung zur Außenwelt wichtig.

Die meisten Schriftsteller sind geblieben. Lediglich einige jüngere Autoren sind ausgewandert, weil sie nicht in den Krieg ziehen wollten. „In diesen schweren Zeiten will ich meine Leserschaft nicht alleine lassen“, sagt Milorad Pavić. Viele Autoren haben sich jedoch auf seiten der Regierung oder der Opposition politisch engagiert, so daß sie kaum noch schreiben.

Trotz alledem tut sich noch etwas. So findet Ende Oktober in Belgrad die traditionelle Buchmesse statt, auf der sämtliche Neuerscheinungen dieses Jahres ausgestellt werden. Während dort viele Regale leer bleiben werden, weil die Hälfte der Verlage eingegangen sind und die ausländischen Verlage fehlen, hoffen die einheimischen Verleger auf bessere Zeiten. Petar Janjatović

Der Autor lebt als freier Journalist in

Belgrad.