"Nerven behalten"

■ SPD will BVG-Tariferhöhung blockieren / Staffelt fordert neue Busspuren und Offenlegung von Einsparmöglichkeiten

In letzter Minute will die SPD die Tariferhöhung bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) blockieren. Die Preiserhöhung um runde zehn Prozent ab Januar kommenden Jahres, die der Verwaltungsrat der BVG am Freitag beschließen will, sei nicht ausreichend begründet, bemängelte Fraktionsvorsitzender Ditmar Staffelt gestern vor der Presse. Die Verluste des Unternehmens könnten auch durch andere Maßnahmen wie etwa neue Busspuren ausgeglichen werden. Er rechnete vor, daß in den kommenden fünf Jahren jährlich bis zu 780 Millionen Mark eingespart werden könnten. Mit der geplanten Tarifanhebung würden laut BVG die Einnahmen um 50 Millionen Mark steigen.

Fraktionschef Staffelt erinnerte sowohl Verkehrssenator Herwig Haase wie auch den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (beide CDU) daran, daß bis Ende dieses Jahres auf 280 Kilometern entweder Busspuren eingerichtet oder der Busverkehr beschleunigt werden sollte. Alleine damit könnte die BVG 120 Millionen Mark sparen. „Wir haben allerdings nicht den Eindruck, daß die Busbeschleunigung so weit vorangebracht wurde, wie wir uns das wünschen.“

Staffelt forderte außerdem den Verkehrssenator auf, vor einer Tariferhöhung die Einsparmöglichkeiten bei der BVG offenzulegen. Eine Unternehmensberatung hatte festgestellt, daß durch Rationalisierung und Umstrukturierung der Verkehrsbetriebe jährlich 600 Millionen Mark gespart werden könnten. „Es kann nicht sein, daß davon 1994 noch nichts umgesetzt wird“, mahnte der SPD-Politiker an. Auch sollen endlich Parkgebühren rund um den Alexanderplatz und den Bahnhof Zoo eingeführt werden. Dadurch könnten 60 Millionen Mark in den Landeshaushalt fließen.

Nur wenn die BVG nachweise, daß trotz der von der SPD gemachten Vorschläge eine Tariferhöhung notwendig sei und sich das Angebot im Öffentlichen Nahverkehr nicht weiter verschlechtere, würden die Sozialdemokraten zustimmen. Bis dahin müsse Haase die Entscheidung über eine Preiserhöhung verschieben. Daß dadurch der Verbund aus BVG, Deutscher Reichsbahn und Verkehrsunternehmen des Umlands platzen könnte, tangiert den Parteichef nicht: „Da müssen wir Nerven behalten“ und mit der Reichsbahn „vernünftig verhandeln“.

BVG-Sprecher Wolfgang Göbel erklärte gestern gegenüber der taz, daß die Tarife nicht zum 1. Januar erhöht werden können, wenn die Verwaltungsratsentscheidung verschoben wird. Ab Beschluß seien mindestens drei Monate nötig, um neue Fahrpreise einzuführen. Dirk Wildt

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