Polen: Regierung in Sicht

■ Linksbündnis geht mit Bauernpartei

Warschau (taz/AP) – Die Einigung kam schneller als erwartet: Gestern haben sich Polens Demokratische Linksallianz (SLD) und die Bauernpartei auf die Bildung einer gemeinsamen Regierungskoalition verständigt. Nun müssen die führenden Politiker beider Gruppierungen, die bei den Wahlen vom 19. September die meisten Stimmen erzielten, noch die Einzelheiten ausarbeiten, hieß es gestern in Warschau.

Noch am Montag schien es, als sei es Polens Präsident Lech Walesa gelungen, eine solche Koalition zu verhindern und Bauernparteichef Waldemar Pawlak auf seine Seite zu ziehen. Walesa hat aus seiner heftigen Ablehnung der linken Wahlsiegerin SLD keinen Hehl gemacht: „Ich werde ein Abbremsen der Reformen nicht zulassen, im Falle eines Falles werde ich sogar Jelzins Variante anwenden“, drohte er gar am Montagabend in der Hauptnachrichtensendung des polnischen Fernsehens. „Ich bin nicht hierher gekommen um den Präsidenten zu spielen, sondern um Präsident zu sein.“ Die Äußerungen kamen auf Spekulationen innerhalb der SLD, Walesa eventuell per Verfassungsänderung die Amtszeit zu kürzen. Waldemar Pawlak, dessen Partei als zweitstärkste aus den Wahlen hervorgegangen war, hatte am Wochenende noch mit der sozialdemokratischen, der Solidarność entstammenden „Union der Arbeit“ verhandelt.

Polens Linke hat bereits für einige Verwirrung gesorgt: Erst gab es die Ankündigung, man werde eine Rentenerhöhung über eine höheres Budgetdefizit finanzieren, dann sandte Wirtschaftsexperte Oleksy Polens in den USA beim IWF weilender Nationalbankchefin Gronkiewicz-Waltz ein Fax nach, das Defizit werde auf keinen Fall erhöht. Gegenüber Auslandspresse und Diplomaten beteuert man, die bisherigen Reformen weiterführen zu wollen, für den Gebrauch im Inland dagegen verspricht man, alle Wahlversprechen einhalten zu wollen, obwohl das bei einer Weiterführung der bisherigen Linie unfinanzierbar ist. Klaus Bachmann