Abfallgesetz ohne Inhalt

■ Töpfers Entwurf stieß bei Anhörung in Bonn auf wenig Gegenliebe / Verbrennung würde erleichtert / SPD fordert Entsorgung des Entwurfs / Gesetz unverständlich und nicht vollziehbar

Berlin (taz/dpa) – Heftige Kritik am geplanten Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz gab es zu Wochenbeginn bei einer zweitägigen Anhörung des Umweltausschusses im Bundestag. Töpfers Paragraphenwerk vereinigt Parteigenossen, Opposition, Umweltverbände und Wirtschaftsvertreter in fast einhelliger Skepsis. Die Union will nun den Entwurf überarbeiten, von einer grundlegenden Novellierung träumen Bündnis 90/ Grüne, und SPD-Sprecher Michael Müller forderte den Bundesumweltminister gar auf, den Entwurf über den Altpapiercontainer zu entsorgen.

Doch die Kritiker droschen nicht nur polemisch auf den Entwurf ein, es fehlte auch nicht an Sachargumenten. Einer der Hauptkritikpunkte ist die vielseits angeprangerte Gleichrangigkeit von Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Verwertung oder Verbrennung im Gesetz. Töpfer muß sich vorwerfen lassen – im Widerspruch zur EG-Richtlinie 91/156 EWG – keine klare Priorität auf die Abfallvermeidung zu setzen. Dieses Manko wird auch durch eine angedeutete Reihenfolge zwischen stofflicher und thermischer Verwertung nicht aufgehoben, da die Reihenfolge keine Muß- sondern eine Sollbestimmung darstellt, kritisiert der Kölner Physiker Oliver Kalisch als einer der Gutachter. Diesen Bedenken schloß sich bei der Anhörung gestern der Städte- und Gemeindebund an, der ebenfalls eine Verbesserung des Abfallgesetzes forderte. Vorrang für die Abfallvermeidung, Kennzeichnungspflicht für Verpackungen, eine Erhöhung der Mehrwegquoten bei Getränkeverpackungen und die Einführung einer Verpackungsabgabe, lauteten die Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände. Einzig Töpfers Pläne für Verordnungen zur Rücknahme von Elektronikschrott, Altpapier und Altautos, stießen auf Gegenliebe.

Unbehagen hinterläßt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallvermeidungsgesetz auch wegen seiner komplizierten Detailregelungen und seiner teils unbestimmten Rechtsbegriffe. Dies werfe eine „Fülle von Interpretationsproblemen auf, die hin bis zur Lähmung des Vollzugs führen können“, so das Gutachten von Kalisch. Weiter werden wichtige Inhalte des Gesetzes in den Bereich der Verordnungsermächtigung hinein verschoben. Das Gesetz stelle eine leere Hülle dar, in die die Bundesregierung beliebige Verordnungen einfügen könne, heißt es im Gutachten weiter.

Gegen die Gesetzesvorlage stellten sich auch Wirtschaftsvertreter quer. Jürgen Phillip, Chef der Abteilung Umweltschutz bei Thyssen-Stahl warnt vor „operationalen Eingriffen“ in innerbetriebliche Abläufe. Und Chemie- Mann Hulpke von der Bayer AG Leverkusen forderte „Verständlichkeit“ bei solchen Gesetzen. Alles in allem eine klare Absage an das Töpfer-Werk in seiner derzeitigen Form. Ob eine Überarbeitung durch die CDU/CSU-Union dem Gesetz mehr Unterstüzung beschert, wird sich noch erweisen. Der nächste Abfall-Termin im Umweltausschuß ist Ende Oktober. Bettina Fink