Vom Ritual abgewichen

■ Arbeitgeber kündigen erstmals von sich aus Metall-Tarifverträge

Berlin (taz) – Kurz vor Beginn der Metall-Tarifverhandlungen stehlen die Arbeitgeber den Gewerkschaften die Schau: Erstmals wollen die Metall-Regionalverbände von sich aus zum Jahresende die Einkommenstarifverträge und Urlaubsregelungen für die Beschäftigten kündigen. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Hans-Joachim Gottschol, begründete den Schritt mit einer „einmaligen Kosten- und Ertragskrise“ in der Branche.

Der ungewöhnliche Schritt ist ein symbolischer Akt, denn normalerweise wären die Verträge ohnehin von der Gewerkschaft IG Metall zum Jahresende gekündigt worden.

„Wir wollten vom üblichen Ritual abweichen, um ein Signal zu setzen, daß wir bei den kommenden Verhandlungen nicht business as usual machen“, erklärte ein Arbeitgebersprecher. Entsprechend sauer reagierte die überraschte IG Metall. Der amtierende IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel warf den Arbeitgebern „Erpressung“ vor.

Tatsächlich steht die Branche vor einer ihrer härtesten Tarifrunden. Wie berichtet, geht die IG Metall voraussichtlich mit einer Forderung nach fünf bis sechs Prozent Lohnerhöhung in die Verhandlungsrunde. Die Gewerkschaften wollen versuchen, im Endergebnis zumindest die Inflationsrate von vier Prozent auszugleichen.

Arbeitgebervertreter wie der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), Hans Peter Stihl, haben sich dagegen für eine Nullrunde ausgesprochen. Auch Gesamtmetall-Präsident Gottschol will jegliche Kostensteigerung vermeiden. Dabei sollten auch die Urlaubsregelungen im Hinblick auf mögliche Kostenentlastungen überprüft werden, so Gottschol.

In den Verhandlungen soll auch über beschäftigungssichernde Elemente gesprochen werden. Die IG Metall würde dabei Regelungen akzeptieren, nach denen bestimmte Arbeitnehmergruppen befristet weniger arbeiten oder zeitweise aussteigen könnten. BD