„Wie sicher fühlen Sie sich in der Stadt?“

■ SPD-Ortsverein will BürgerInnen befragen / „Sicherheit“ wird das Wahlkampfthema

„Ich hab' eine fünffach abgeschlossene Tür, einen Bewegungsmelder und einen Spiegel am Hauseingang“, sagt der Mann. SPD-Mitglied im Ortsverein Vegesack ist er und froh, daß endlich mal das Thema „Sicherheit“ auf den Tisch kommt. Der Ortsverein hatte Herbert Wulfekuhl, den Leiter der Zentrale für politische Bildung, eingeladen. Der lobte die Vegesacker GenossInnen und rügte die Landespartei: Wehe, wenn die SPD auch das Problem der wachsenden Kriminalität und des noch stärker wachsenden subjektiven Unsicherheitsgefühls verschlafe! Dann sei nicht nur die SPD in Gefahr, sondern die Demokratie überhaupt, weil immer mehr BürgerInnen rechts wählten.

Sicherheit, so Wulfekuhl, werde das Thema des nächsten Wahljahres. Dabei habe die zunehmende Angst der Menschen zwar einen realen Hintergrund, werde aber zugleich von CDU- Parteistrategen mißbraucht. Wenn die SPD nicht völlig unglaubwürdig werden wolle, dürfe sie die wachsende Kriminalität nicht länger verharmlosen. Sein heißer Tip an die SPD: Rein in die Viertel, wo die Reps Erfolg hatten, und die Leute mit ihrer Angst ernstnehmen. „Die SPD als Schutz der kleinen Leute — das ist nicht nur sozialpolitisch zu verstehen.“ Ran an die Leute also, dann aber folgenlose Sprüche unterlassen. Gerade nämlich in den SPD-Hochburgen reagierten die Leute mittlerweile recht allergisch auf bloße Sprüche, stellt Wulfekuhl fest.

Das ließ sich Detmar Leo, Vorsitzender des Vegesacker Ortsvereins und des Unterbezirks Nord und für die SPD in der Bürgerschaft, nicht zweimal sagen. Flugs entwarf er für seine dankbar staunenden Ortsvereinsmitglieder ein Aktionsprogramm: Bis Weihnachten sollen die Mitglieder die VegesackerInnen in den so verschiedenen Gebieten Aumunder Feldstraße/ Ascherfeld (besonders viel DVU-WählerInnen), Fährquartier (eher konservative Zuzügler in Eigenheimen) und Bramheide (traditioneller sozialdemokratischer Mittelstand) nach ihrem Sicherheitsgefühl gefragt werden.

In einem zweiten Schritt will man in der Diskussion vor Ort „Verständnis für die Zusammenhänge wecken“ — die Ursachen auch im Abrutschen in soziale Unsicherheit sehen. „Der CDU- Ansatz ist doch ein ganz anderer“, sagt Detmar Leo, „die erzeugen von vornherein Angst, sagen, die Kriminalität ist so hoch und fordern dann mehr Polizei.“ Deshalb will man auch, so der dritte Schritt, nochmal genau untersuchen, wie wichtig Freizeitheime und Bürgerhäuser sind und unter Umständen für diese Einrichtungen „ganz nachdrücklich“ Geld fordern.

Ein bescheidener Einstieg in die Sicherheitsdiskussion, gibt Leo zu — „aber ich will die Diskussion von unten“.Dazu gehört auch, daß die Ortsvereinsmitglieder mit den „Eckenstehern“ am Sedansplatz ins Gespräch kommen, nach Lösungsmöglichkeiten suchen. Denn diese Alkoholiker und Obdachlosen sind vielen Vegesackern ein Dorn im Auge. „Wir wollen auch endlich wissen, ob die Obdachlosen für ihre Hunde extra Sozialhilfe kriegen“, sagt einer. Leo will dazu eine Anfrage in der Bürgerschaft stellen.

Ihm sind solche konkreten Diskussionen viel lieber als alle plakativen Anträge in der Partei, sagt er. Geradezu ungeheure Wirkung dagegen zeige es, so Leo, wenn ein SPD-Mitglied einen besorgten Bürger nach Feierabend besuche, um ein Problem zu besprechen. „Da sind die einfach platt.“ So soll straßenweise ein Netz von AnsprechpartnerInnen aufgebaut werden.

Christine Holch