Schiffern graust vor Europa

■ Grüne: Offener Markt sinnvoll: Bremische Häfen stehen besser da

Schiffsblockade gegen Europa Foto:Oberheide

Als Helga und Tremonia, Ella aus Papenburg und Heinrich-Adolf aus Haren/Ems gestern Punkt 12 Uhr loströteten, hielt sich alles die Ohren zu. Was für ein Protest gegen die neuen EG-Bestimmungen für die Binnenschiffahrt! Zeitgleich mit den Schiffen auf der Weser tröteten 500 Schiffe in Bonn, Hamburg, Minden und Berlin und blockierten auch dort die Flüsse.

Der Protest gilt der Bonner Regierung. Denn die mache den von der Wirtschaftskrise und der Konkurrenz aus Lkw und Bundesbahn ohnehin schon gebeutelten 3.000 Binnenschiffern das Leben jetzt noch schwerer: Sie will die Tarifbindung in der Bundesrepublik aufheben. Die Transportpreise müssen dann frei ausgehandelt werden. So sieht es ab 1. Januar 1994 auch die EG-Richtlinie vor. Doch die Regierungen in Holland, Belgien und Frankreich wollen offenbar ihre Binnenschiffer noch nicht so schnell dem freien Markt aussetzen, nur Bonn nehme es damit so genau, sagt Jürgen Nupnau vom Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt.

Nicht so genau nehme es Bonn hingegen mit seinem Ehrenwort gegenüber den Binnenschiffern: Nämlich vor einer Öffnung der deutschen Flüsse für ausländische Schiffe für Chancengleichheit zu sorgen. So hätten vor allem die Deutschen teure Sicherheitsauflagen zu erfüllen.

Nur noch rund 20 Prozent des innerdeutschen Transports wird der Binnenschiffahrt übertragen. Meist sind es Baustoffe, Kohle, Futtermittel. Weiter rückläufig ist der Transport von Öl.

Mitten unter den Schiffern und SchifferInnen gestern auch Hans Altermann von den National-Konservativen, der Abspaltung der Bremer DVU: Er hat vor kurzem in der Bürgerschaft beantragt, daß sich Bremen in Bonn gegen eine Aufhebung der Tarifbindung einsetze. Der Antrag wurde abgelehnt. Auch mit den Stimmen der Grünen. Das wundert die Binnenschiffer, denn die Schiffahrt sei viel umweltverträglicher als der Lkw-Verkehr. Doch Bremen hat selbst erst vor kurzem im Bundesrat die Auhebung der Tarifbindung gefordert, erklärt Manfred Schramm von den Grünen. Mit gutem Grund: Denn die Tarifbindung galt nicht für Rhein und Elbe, die bremischen Häfen waren also immer benachteiligt. Außerdem werde mit der EG-Bestimmung eine ökologische Sinnlosigkeit abgeschafft: Bislang nämlich mußten ausländische Schiffe aus Deutschland leer zurückfahren.

Christine Holch