■ S-Bahn-Tunnel wird gestrichen
: Und der Autotunnel?

Die Landesregierung hat lange gebraucht, um zu bemerken, was die Grünen schon vor Monaten wußten und bekanntgegeben hatten: Der Bau eines S-Bahn-Tunnels unter dem Tiergarten lohnt sich nicht. Zum Glück muß der Bedarf für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs nach bundeseinheitlichen Kriterien nachgewiesen werden, wenn der Bund den Bau dieser Vorhaben bezahlen soll. Ansonsten wäre der Großen Koalition, die mit Olympia, Regierungsumzug und über 10 Milliarden Mark für die Eisenbahnplanung so ziemlich alles haben wollte, was zu holen war, entgangen, daß mit den Mega-Verkehrsplanungen unter dem Tiergarten der Wunschzettel ein wenig zu lang geworden ist.

Leider muß beim Autoverkehr keine Kosten-Nutzen-Analyse errechnet werden. Gäbe es diese Hürde, so manche Bundesstraße und Autobahn bliebe ein Traum auf dem Reißbrett. Ob die Milliarde Mark, die der Bau des Straßentunnels unter dem Tiergarten verschlingen wird, verkehrspolitisch sinnvoll angelegt ist, brauchte mangels einer entsprechenden Bundesverordnung bisher deshalb auch nicht überprüft werden. Bedauerlicherweise – denn nur weil man heute schon weiß, daß sich später die Autos in dem unterirdischen Bauwerk stauen werden, ist die Frage seines Nutzens noch lange nicht beantwortet. Und dieser ist höchst zweifelhaft. Zum einen hat Verkehrssenator Haase (CDU) noch immer kein Unternehmen gefunden, das die Betonröhre privat finanzieren will. Privatunternehmen müssen eben im Gegensatz zu Beamten kalkulieren können. Zum anderen zählt es zum Allgemeinwissen, daß Autos und Lastwagen sehr viel mehr Energie und Platz verbrauchen als Bus und Bahn, um die gleiche Menge an Personen zu befördern. Ein Tunnel ist schon weg – wann wird auf den Autotunnel verzichtet? Dirk Wildt

Siehe Bericht auf Seite 23