Neue Ossi-Partei

■ „Wahlpartei Ost“ vor Gründung

Berlin (taz) – Nachdem die PDS im Frühjahr der Idee einer „Gerechtigkeitspartei“ eine Absage erteilt hat, versuchen offenbar nun andere, eine übergreifende „Wahlpartei“ für die kommenden Bundestags- und Landtagswahlen zu gründen. Nach Informationen des Neuen Deutschlands steht die Gründung einer ostdeutschen Wahlpartei unmittelbar bevor. Ziel sei die „kraftvolle Wahrnehmung ostdeutscher Interessen weit über die Grenzen der jetzigen politischen Parteien hinaus“. Entwicklungen wie etwa in Bischofferode hätten gezeigt, daß viele Ostdeutsche nicht wieder die CDU, aber auch nicht die PDS wählen wollten. Als Initiatoren werden „einige DDR-Politiker verschiedener Parteizugehörigkeit“ und Mitarbeiter aus dem Umfeld des „Ostdeutschen Kuratoriums der Verbände“ genannt. Bei dem Kuratorium handele es sich um eine vielfältig zusammengesetzte Interessenvertretung, die sich um die sozialen, die Eigentums- und andere rechtliche Probleme der ostdeutschen Bevölkerung kümmert. Als potentielle Parteigründer werden nebem dem Vorsitzenden der „Alternativen Enquete-Kommission“, Wolfgang Harich, die Schauspielerin Käthe Reichel und das CDU- Mitglied Peter-Michael Diestel gehandelt. Diestel wird mit der Aussage zitiert, es „laufe etwas in diese Richtung“.

Die Sekretärin des Kuratoriums, die Berliner Rechtsanwältin Ruth Martin, bestätigte inzwischen gegenüber dpa, daß die Gründung einer derartigen Partei bevorsteht. Das Vorhaben habe „nichts, aber auch gar nichts“ mit dem Kuratorium zu tun. Es handele sich vielmehr um die Initiative einzelner Personen, darunter sie selbst und Wolfgang Harich. Erreichen wolle man die Menschen, die sich in der ostdeutschen Parteienlandschaft aufgehoben fühlen.

Eine Konkurrenz zur PDS soll die neue Wahlpartei nicht darstellen. PDS-Wahlkampfleiter André Brie fürchtet aber, daß deren Existenz auf Bundesebene für die Überwindung der Fünfprozenthürde „schmerzlich“ sein könnte. Wie ernst es mit der neuen Initiative ist, läßt sich möglicherweise schon am Wochenende beurteilen. Am Samstag, am Vorabend des Jahrestages der deutschen Einheit, veranstaltet das Kuratorium in Berlin einen Bundeskongreß, es ruft darüber hinaus zu Protestkundgebungen auf. wg