Oper ohne Bockwurst

■ in der Oper Präsentation eines neuen gastronomischen Konzeptes im Musentempel

Eine Revolution bahnt sich an. Die Verantwortlichen der Hamburger Staatsoper sind vollkommen aus dem Häuschen. Endlich ist es dem muffigen Charme des Foyers an den Kragen gegangen. Grund genug, um Hamburgs Pressevertreter am Donnerstag mittag zu einem Brunch zu laden, bei dem das neue gastronomische Konzept der vier Foyers vorgestellt wurde.

Bereits im Eingangsbereich des Musentempels wird der Gast mit einer innen-architektonischen Innovation konfrontiert. „Ja“, kommt der zuständige Innenarchitekt, der nebenbei natürlich auch ein Künstler ist, ins Schwärmen,“ja, bei dem Tresen habe ich versucht, die geschwungenen Formen des 50er Jahre-Baus einzuarbeiten.“ Doch, das neue Interieur ist nur eine Beigabe. Die wahre Innovation ist eine andere – eine gastronomische.

Ein vollkommen neues Konzept für die Theaterbewirtung auf die Beine gestellt zu haben, brüstet sich Just Kleinhuis. Und zwar eines, bei dem altbekannte Ärgernisse während eines Theaterbesuchs abgestellt werden sollen – etwa das zehnminütige Schlangestehen vor dem Getränkestand in einer viertelstündigen Pause.

Runde Summen bei den Getränke- und Snackpreisen soll die Abfertigung beschleunigen. Statt 5,50 Mark kostet jetzt ein Glas Wein 5 Mark, ein Glas Sekt ebenfalls, Champagner 10 Mark und die lukullische Novität, zwei Kanapees für 5 Mark. Zudem werden neun verschiedene offene Weine ausgeschenkt und der Preis für ein Glas Mineralwasser auf 2 Mark gesenkt, schließlich war in der Vergangenheit gerade bei den Ballettveranstaltungen, also dann wenn das Opernhaus nicht nur als Ort der gesellschaftlichen Selbstdarstellung mißbraucht wird, festzustellen, daß aufgrund der teilweise überhöhten Preise der Getränkeumsatz rapide zurückgegangen ist. Schickimicki lehnt er ab, äußert sich Kleinhuis. Trotzdem, zu volkstümlich mag es der Hamburger Gastronom auch nicht und strich deshalb die Würstchen aus seinem Angebot, gemäß seinem Credo für die Verköstigung in dem Musentempel: „Bockwurst gehört nicht in die Oper.“

Einzig ein Verwandter des geschaßten Lebensmittels findet sich noch in der Kartoffelsuppe mit Krakauer, die in der kantinengleichen Cafeteria im zweiten Stock angeboten wird. Hier gibt es auch die Kanapees, reichlich mit Butter bestrichene Toastbrotsandwiches, garniert mit Blumen (Stiefmütterchen) und belegt mit der üblichen Feinkost. Eine Huldigung also an die Zeit des Neuaufbaus des kulturellen Subventionsgrabes – an die fünfziger Jahre.

Überhaupt wurde beim Facelifting der Foyers versucht, die ursprünglichen architektonischen Elemente wieder hervorzuheben. Die Vorhänge wurden im Parterre-Foyer entfernt, so daß der Besucher wieder durch die riesigen Glasflächen Richtung Gänsemarkt gucken kann. Daß der niegelnagelneue graue Verloursteppichboden nur bis zu dem Treppenansatz reicht und dort in einen abgenutzten grünen Teppich übergeht, konnte die Euphorie der Staatsopervertreter auch nicht dämpfen: „Wir hatten schließlich kein Geld, um gleich alles zu machen.“

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