„Diktator Izetbegović“

■ Jugoslawien: Konflikte innerhalb des moslemischen und des serbischen Lagers

Sarajevo/Belgrad (AFP/dpa) – Ratlosigkeit bei den Vermittlern, auffällige Ruhe an allen Fronten und Konflikte innerhalb des moslemischen Lagers – Bosnien zeigte sich gestern, am Tag nach der Ablehnung des Genfer Friedensplans, in gespannter Erwartung. Während die bosnische Regierung einen einseitigen Waffenstillstand ausrief, verstärkte sie ihre Bemühungen, die abtrünnige Region um die Stadt Bihac wieder unter Kontrolle zu bekommen. Das bosnische Parlament beschloß am Mittwoch, das Mitglied des Staatspräsidiums Fikret Abdic seines Amtes zu entheben.

Mindestens 30.000 Menschen demonstrierten gestern nach Angaben des kroatischen Rundfunks in der moslemischen Enklave um Bihac gegen den „Diktator Izetbegović“ und für die Autonomiepläne ihres „Präsidenten“ Abdic. Der Geschäftsmann und frühere Kommunist Abdic hatte am Montag die im Westen Bosniens gelegene Region für autonom erklärt, die bosnische Zentralregierung stellte die Region daraufhin unter Militärverwaltung. Schon am Mittwoch abend hatten sich mehrere tausend Menschen den Sarajevo- treuen Truppen in den Weg gestellt, die öffentliche Gebäude besetzen wollten. Den Soldaten gelang es dennoch, die Radio-Sendeanlagen zu besetzen. Abdic sprach danach von „Zensur“ und dem Versuch Izetbegovićs, eine Militärdiktatur einzuführen.

Auch im Lager der Serben kam es zum offenen Bruch von bisher Verbündeten: Der Führer der ultra-nationalistischen „Radikalen Partei“, Seselj, forderte offen Präsident Milošević heraus. Er sagte, die „Sozialistische Partei“ habe „bereits den Kopf und bald auch die Macht“ verloren. Die Sozialisten konterten, Seselj sei „die Verkörperung des Bösen“ und drohten, sie würden alle Verbrechen aufdecken, die Seseljs Miliz in Bosnien und Kroatien begangen hätte. Damit bestätigten die Sozialisten erstmals die Vorwürfe wegen serbischer Kriegsverbrechen. kai