Kanthers Sittengemälde

■ Der Innenminister stellt das „Sicherheitspaket 94“ der Union vor

Bonn (taz) – Bundesinnenminister Manfred Kanther ist eine Mischung aus Märchenprinz und Weihnachtsmann. Mit pastoralem Pathos packte er gestern vor der Bonner Presse ein umfangreiches „Sicherheitspaket 94“ der Union aus, ein „Mosaik aus vielen Bausteinen“. Die Bausteine waren die alten, rigiden sicherheitspolitischen Vorstellungen der Union, das Mosaik entsprechend bekannt.

Probleme wie zunehmende organisierte Bandenkriminalität, die Alltags- und Drogenkriminalität würden nicht durch einen „schnellen, dicken Pinselstrich“ gelöst. Nur ein breitflächig angelegtes Netzwerk von zusätzlichen Eingriffsermächtigungen sei erfolgsversprechend. Dabei genügt der Union nicht, wenn sie nur den Großen Lauschangriff durchsetzte, dabei aber auf all die anderen facettenreichen Neuerungen verzichten müsse. Die Datenerhebung soll erweitert und der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Behörden erleichtert werden. Der Zeugenschutz müsse gewährleistet und dafür eine anständige Kronzeugenregelung geschaffen werden. Auch die Jugendlichen dürften künftig nicht mehr so leicht davonkommen. Es ginge nicht an, daß ein hoher Prozentsatz der 18- bis 21jährigen nach dem Jugendstrafrecht abgeurteilt werde. Es müsse geprüft werden, „ob ausländerrechtliche Bestimmungen zu verschärfen sind oder nicht“. Die Vorschläge des Bundesinnenministers sollen keinen „Schlußpunkt“ darstellen. „Verbrechensbekämpfung ist ständige Anpassung.“ Dabei müsse „Phantasie angewendet“ werden.

Bei allen Erfordernissen rechtlicher Art dürfe auch ein „Minimum an gemeinsamer Sittlichkeit“ nicht verlorengehen. Das koste Mühe – „auch geistige Mühe“. Gewalt müsse geächtet werden. „Ein anständiger Mensch wendet sich ab.“ Nicht nur um die objektive Sicherheit ist der Bundesinnenminister besorgt, auch die subjektive liegt ihm am Herzen. Mehr Polizeipräsenz auf den Straßen, die Informiertheit der Bürgerinnen und Bürger darüber, daß sich etwas bewegt und nicht immer nur das „politische Fähnchen“ hochgehalten werde. Die Polizei „braucht mehr Ansehen“.

Aber das alles wird sich finden: Märchenprinz Kanther verheißt eine sichere Zukunft, weil das „gesellschaftliche Klima sich jetzt ändert“. Julia Albrecht