Festgefügte Halfter in vagen Verhältnissen

■ Die Vorstellung der letzten Kampnagel-Saison von Hans Man in't Velds Team

Kontinuität war das meistgebrauchteste Wort des Morgens. Kontinuität im Tanzprogramm, in den installierten Reihen, Kontinuität für das Gelände durch die Gründung eines Fördervereins und die Fortschreibung geistiger Linien. All diese Kontinuitätserwähnungen bedeuteten der eingeladenen Presse bei der Vorstellung von Hans Man in't Velds letzter Spielzeit auf Kampnagel am Freitag morgen, daß eigentlich alles in Butter sein könnte, wenn nicht..., (und dann kommt es eben), wenn nicht eigentlich alles doch so ungewiß wäre, daß man permanent die Kontinuität beschwören müßte.

Doch scheinbar hat man sich dieses mal, anstatt die fundamentalen Mängel auf dem Gelände und in der Kulturpolitik zu attackieren, zum angekündigten Abschied überlegt, die eigenen Leistungen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ob das festgefügte Halfter monatlicher Reihen und Schwerpunkte dem zukünftigen künstlerischen Leiter Res Bosshart allerdings so gut schmecken wird, ist ebenso fraglich, wie die bauliche Zukunft des Geländes. Diese wird vordringlich davon bestimmt, daß der Senat die nötigen 850.000 Mark für die Sanierung der Fundushalle nicht bewilligen will, (obwohl ein Abriß genauso teuer käme). Längerfristig droht dem Gelände aber der „Charakter eines Hinterhoftheaters“ wie Dramaturg Michael Batz es ausdrückte, denn die Randbebauung des Geländes ist trotz zwischenbehördlichem Streit über die ideale Nutzung immer noch aktuell.

Inhaltlich wird die nächste Spielzeit von einem Tanzschwerpunkt dominiert. Zwei große Tanzfestivals polarisieren das Bühnenjahr. Zu Beginn, ab dem 7. Oktober, der Danceport, eine Gemeinschaftsproduktion von vier internationalen Produktionsstätten (außer Kampnagel aus London, Marseille und Rotterdam), die untereinander ihre größten Talente austauschen. Anfang '94 dann wieder die internationalen Tanztheaterwochen. Dazwischen werden zudem altbekannte Kampnagel-Gäste wie Wim Vandekeybus und Ismael Ivo ihre neuen Projekte vorstellen.

Eröffnen wird die Saison der Ariane Mnouchkine-Hauskomponist Jean-Jaques Lemetre mit einem szenischen Konzert am 6. Oktober. Ein weiterer Höhepunkt im Oktober ist dann sicherlich die Hommage an Schwiago mit der Musik von Alfred Schnittke (ab. 27.10.). Eine erste Hamburger Produktion weist der Oktober ebenfalls auf: Bonnie Showers und Dorothea Reinickes Schubert-Imagination Das unheimliche Lied (ab 24.10.).

Gespannt sein darf man auf das Festival Stand der Dinge zum Jahreswechsel, das einen Überblick über die freie Theaterszene nicht nur in Hamburg geben soll, um eine Standortbestimmung möglich zu machen. Neugier ist auch für dieses Kampnagel-Jahr pfundweise mitzubringen. Till Briegleb