Feldpostkarten zu Wasseraktien

■ Mit der sozialökologischen Freiheitsinitiative „Wasser für Somalia“ engagieren sich Hamburger Künstler

Haben Sie in letzter Zeit mal wieder eine Feldpostkarte bekommen? Nicht vom Flohmarkt sondern aus aktuellem Kriegsgebiet, wo sich unsere Jungs nützlich machen? Na dann sind sie gar nicht auf dem Laufenden: 12 einberufene Postbeamte leiten die mit FELDPOST abgestempelten Briefe aus Belet Weyne zum deutschen Inlandsporto von der Front in die Heimat.

Und unsere 1700 Jungs da unten haben bestimmt viel zu erzählen, haben sie doch im staubigen Afrika mächtig Durst und greifen ganz schön ein: In die Ökologie der stets gefährdeten Trockenzone vor allem. Es ist die Rede davon, den Webi Shabeelle, einen für die Versorgung der Bevölkerung wichtigen Fluss für den Gebrauch der Truppen zu stauen und sich auch sonst ganz neokolonial gemütlich einzurichten. 186 Millonen Mark sind für die Soldaten eingeplant, für ökologisch orientierte Hilfsprojekte, wird das Geld dagegen immer knapper.

Der Hamburger Künstler Jörg Stange erhielt irrtümlich einen Feldpostgruß und begann über seine Möglichkeiten zur alternativen Hilfe nachzudenken. Ergebnis ist eine durchaus politische Kunstaktion des ARTBASE-PEACEBASE-PROJEKTS: Wasseraktien für Somalia. In Zusammenarbeit mit „ECOTERRA, Verein für umweltgerechtes Wirtschaften“ und unterstützt von der Ökobank und der Fachgruppe „Frieden und Internationales“ der GAL ist gegen Spende ein künstlerisch mit sandgefüllter Weinflasche auf Mäanderkachel gestaltetes Papier als „Aktie“ für Hilfsprojekte in Nordsomalia zu erwerben. Als erstes ist an die Wiederbelebung der brachliegenden Fischereifabrik von Las Koreh gedacht.

Unterstützt wird Jörg Stanges Konzept von der SOFI, der Sozialökologischen Freiheitsinitiative mit einer Waseraktion von Harald Finke, Gunnar Gerlach und Gerd Stange. In schwarz, weiß und grüner Kleidung wird Elbwasser geschöpft, erhält eine Infusion und wird in Ölfässer gefüllt. Alle BesucherInnen sind zudem gebeten einen Liter Wasser in einem geschlossenen Behältnis mitzubringen.

Diese Aktion steht unter dem Adorno-Zitat, daß die bildende Kunst einen politischen Auftrag habe und ist vor allem dem Beuysschen Kunstbegriff der sozialen Plastik verpflichtet. Dazu soll ein Forum eröffnet werden für eine Fülle von Informationen über das Horn von Afrika. Zwei Filme des somalischen Filmemachers Abdulkadir Ahmed Said und neueste Dokumentaraufnahmen geben einen Eindruck vom neuen Interessengebiet des militärisch-industriellen Komplexes. Informationsstände der beteiligten Organisationen, somalische Musik und das Saxofon blasende „Notruf-Orchester“ werben für Verständnis und Geld für das notleidende und in Clan-Gebiete desintegrierte Land.

Wie jedoch die Intervention der UNO-Truppen die im Vergleich zu anderen Ländern der Sahelzone kaum schlimmeren Zustände verbessern könnte, ist nicht zu erkennen. Es gibt hinreichende Anzeichen, daß die Strategen eher an der Kontrolle der gesamten Region und den Ölvorkommen interessiert sind als an Hungerhilfe. Diese Hilfe in vernünftigen Dimensionen jenseits von Korruption, Mißwirtschaft und Ausbeutung zu ermöglichen, ist das Hauptziel aller an der Aktion Beteiligten. Hajo Schiff

Sonntag, 3.Oktober, 15 Uhr Landungsbrücken, Oberdeck Brücke 3.